Mit Verkündung des JStG 2024 am 5.12.2024 im Bundesgesetzblatt besteht nun endgültig Klarheit, dass der Übergangszeitraum zur Anwendung von § 2b UStG um weitere zwei Jahre verlängert wird. Was dies für die Praxis bedeutet und welcher Handlungsbedarf gegebenenfalls besteht, werden wir im folgenden Beitrag erläutern.
Für wen gilt die Übergangsregelung und wann besteht Handlungsbedarf?
Mit dem JStG 2024 wird durch Änderung des § 27 Abs. 22a UStG die Anwendung des § 2b UStG um weitere zwei Jahre bis zum 31.12. 2026 verlängert. Juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPdöR), die bislang noch zulässigerweise von der Übergangsregelung Gebrauch machen und § 2 Abs. 3 UStG a.F. (Altregelung) anwenden, müssen erst ab dem 1.1.2027 verpflichtend auf § 2b UStG (neues Recht) umstellen.
Die Verlängerung ist für alle jPdöR relevant, die bis Ende 2016 eine wirksame Optionserklärung gegenüber dem Finanzamt abgegeben und diese bislang dort nicht (aktiv) widerrufen haben. Hingegen ändert sich für nach 2016 neu gegründete JPdöR (Ausnahme: Gesamtrechtsnachfolge) und die JPdöR, die zwischenzeitlich die Option widerrufen haben und § 2b UStG bereits anwenden, nichts. Der Widerruf der Optionserklärung ist nur einmal bezogen auf sämtliche Leistungen der JPdöR möglich und kann nicht zurückgezogen werden (§ 27 Abs. 22 S. 3 u. § 27 Abs. 22a UStG). Insofern besteht keine Möglichkeit, im Falle eines erfolgten Widerrufs nun noch einmal zur Altregelung zurückzukommen.
Möchte eine JPdöR über den 31.12.2024 hinaus die Übergangsregelung weiter anwenden, braucht sie nichts tun. Die Verlängerung greift dann automatisch. Gleichwohl besteht auch für diese JPdöR unter Umständen Handlungsbedarf.
Sofern die JPdöR in Erwartung der Anwendung der Neuregelung ab dem Jahr 2025 zulässigerweise in der Vergangenheit bereits Vorsteuer gezogen hat, ist zu prüfen, ob aufgrund der Verschiebung nun eine Korrektur erforderlich wird. Für Leistungen, die noch im Anwendungsbereich der Altregelung mit der nachweisbaren Absicht bezogen werden, diese nach dem Optionszeitraum unter § 2b UStG erstmalige für vorsteuerabzugsberechtigte Ausgangsleistungen zu verwenden, kann nämlich bereits im Kalenderjahr des Leistungsbezugs (d.h. noch unter § 2 Abs. 3 UStG) Vorsteuer gezogen werden. Verschiebt sich nun der Optionszeitraum und erfolgt die erstmalige Verwendung dadurch noch nach der Altregelung, hat dies Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug bzw. es ist u.U. eine unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Dies sollte in jedem Fall geprüft werden, um eine Steuerverkürzung zu vermeiden.
Bezieht die JPdöR hingegen Leistungen unter der Altregelung, die dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen sind, scheidet (zunächst) ein Vorsteuerabzug aus. Hier kann die Billigkeitsregelung greifen, wenn die gleiche Verwendung der Leistung unter § 2b UStG zum Vorsteuerabzug berechtigen würde. Daher sollte - zumindest bei größeren Investitionsvolumen – mit Anwendung von § 2b UStG geprüft werden, ob eine jährliche Korrektur nach § 15a UStG in Betracht kommt, d.h. die Vorsteuer noch anteilig gezogen werden kann. Zögert die JPdöR nun den Übergangszeitpunkt auf § 2b UStG weiter hinaus, hat auch dies finanzielle Auswirkungen, da eine Vorsteuerkorrektur maximal für die Restdauer des Berichtigungszeitraums i.S.d. § 15a UStG (max. fünf bzw. bei Grundstücken zehn Jahre) möglich ist und damit Vorsteuervolumen verloren geht.
Für JPdöR, die ihre § 2b-Analyse abgeschlossen haben und ihre internen Prozesse so umgestellt haben, dass sie für § 2b UStG bereit sind, besteht daher weiterhin die Möglichkeit freiwillig zur Neuregelung überzugehen und das Vorsteuerpotential zu nutzen. In diesem Fall ist die Optionserklärung zwingend gegenüber dem Finanzamt schriftlich zu widerrufen. Ein Widerruf der Optionserklärung kann noch rückwirkend mit Wirkung auf den Beginn eines Kalenderjahres erklärt werden. Mit anderen Worten: Der Antrag zur Anwendung des § 2b UStG kann ab dem 1. Januar 2025 auch noch im Jahr 2025 oder im Jahr 2026 gestellt werden. Da eine Rückabwicklung bereits nach der Altregelung erklärter (und abgerechneter) Umsätze aufwändig ist, dürfte dies aber kaum praktische Relevanz haben. Allenfalls für die JPdöR, die eine „Schattenbuchhaltung für die Neuregelung“ neben der Altregelung geführt haben, um die Anwendung von § 2b UStG intern zu testen, kann ein rückwirkender Widerruf für einen längeren Zeitraum gegebenenfalls interessant sein.
Hat die Verlängerung des Übergangszeitraums auch Auswirkungen für Verpachtungs-BgAs?
Indirekt hatte bislang die Anwendung der Altregelung auch Einfluss auf die Ertragsteuer der JPdöR. Hintergrund ist das BMF-Schreiben vom 15.1.2021(BStBl. I S. 2483), welches zur ertragsteuerlichen Behandlung der JPdöR in Fällen von Verpachtungs-BgA ergangen ist (Stichwort: Fehlende Einnahmenerzielungsabsicht bei Saldierung mit Zuschüssen). Da der Vorsteuerabzug unter der Altregelung nach der Sichtweise der Finanzverwaltung an den BgA anknüpft, der bei fehlender Einnahmeerzielungsabsicht nicht vorliegt, hätte die Umsetzung einer wirtschaftlichen Saldierung von Pachtzins und Zuschuss auch negative finanzielle Auswirkungen auf die Umsatzsteuer. Das BMF-Schreiben sah daher eine zeitliche Übergangsregelung bezogen auf die Ertragssteuern vor, die an die Anwendung der Altregelung durch die JPdöR knüpft. Die JPdöR kann den BgA in diesen Fällen weiterhin ertragsteuerlich erklären und damit auch den Vorsteuerabzug sichern.
Ursprünglich galt die Übergangsregelung für den BgA bis Ende 2022, wurde aber aufgrund der ersten Verlängerung des § 2b-Übergangszeitraums mit BMF-Schreiben vom 26.1.2023 bis zum 31.12.2024 verlängert. Für eine weitere zeitliche Verlängerung über den 31.12.2024 hinaus, muss ein zusätzliches BMF-Schreiben ergehen. Aktuell liegt das BMF-Schreiben nach unseren Informationen noch nicht vor, eine erneute Verlängerung gilt u.E. aber als wahrscheinlich. Insbesondere wenn der Wegfall des BgA größere ertrag- und umsatzsteuerliche Folgen hätte, empfiehlt es sich, von der Übergangsregelung des BMF-Schreibens Gebrauch zu machen, um Zeit für mögliche Vertragsanpassungen oder Umstrukturierungen zu haben. Insofern ist zu beachten, dass eine vorzeitige Anwendung des § 2b UStG auch eine Auswirkung auf die Verpachtungs-BgA haben kann. Sofern noch nicht erfolgt, empfehlen wir daher, die Zuschussfälle steuerlich zu untersuchen und in die Überlegungen zum Übergang auf § 2b UStG einzubeziehen.
Fazit
Die Frage, ob eine JPdöR die Verlängerung der Optionsfrist nutzen sollte oder nicht, muss unter Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte (u.a. steuerliche und organisatorische Folgen aber auch die Motivation der Mitarbeiter), im Einzelfall getroffen werden. Eine generelle Empfehlung kann insoweit nicht ausgesprochen werden.
Sofern von der Übergangsregelung weiter Gebrauch gemacht wird, bedarf es keiner Erklärung gegenüber der Finanzverwaltung. Es sollte aber geprüft werden, ob Handlungsbedarf bezüglich einer bereits im Vorgriff auf die Neuregelung gezogenen Vorsteuer besteht. Ein freiwilliger Widerruf zur Anwendung der Neuregelung bleibt auch weiterhin rückwirkend (einmalig) möglich. Dieser muss jedoch aktiv erklärt werden. Sollten Sie hierzu Fragen haben, sprechen Sie uns gerne an.
Autorinnen: StB Gabriele Kirchhof, StB Heike Sökeland