Der BFH befasst sich mit der bisher umstrittenen Frage, ob in Fällen der Übernahme einer Pensionszusage eines Arbeitnehmers durch den neuen Arbeitgeber unter Übernahme von Vermögenswerten eine gewinnmindernde Rücklage aus dem Übertragungsgewinn gebildet werden darf. Das bejaht der BFH. Die (besondere) Bewertung der übernommenen Pensionsverpflichtung in diesen Fällen schließt für den BFH die Rücklagenbildung nicht aus.
Der BFH beantwortet in seinem Urteil vom 23.10.2024 (XI R 24/21) eine bislang umstrittene Frage zur steuerlichen Behandlung der Übernahme von Pensionsverpflichtungen im Zusammenhang mit einem Arbeitgeberwechsel. Im konkreten Fall übernahm der neue Arbeitgeber eine dem Arbeitnehmer von seinem alten Arbeitgeber erteilte Pensionszusage. Gleichzeitig wurden dem neuen Arbeitgeber entsprechende Vermögenswerte übertragen. Den sich aus der Anwendung des § 5 Abs. 7 EStG am folgenden Bilanzstichtag ergebenden sog. Übernahmefolgegewinn stellte der neue Arbeitgeber in eine Gewinnrücklage gemäß § 5 Abs. 7 EStG ein, um diese ratierlich über bis zu 15 Jahre auflösen (strecken) zu können. Das Finanzamt sowie das dem Verfahren beigetretene BMF vertraten dagegen die Auffassung, dass der Wortlaut des § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG einer Rücklagenbildung im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 7 S. 4 EStG entgegenstehe. Die Vorschrift erlaube die Rücklagenbildung ausschließlich in den in § 5 Abs. 7 Satz 1 bis 3 EStG genannten Fällen, während die Übertragung von Pensionsverpflichtungen eines Arbeitnehmers unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten abschließend in § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG geregelt sei, auf den Satz 5 nicht verweise. Die darin enthaltene besondere Bewertungsvorschrift (besondere Wertermittlung nach dem Teilwertsplittingverfahren) schließe daher die Anwendung des Satzes 5 und damit die Möglichkeit der Rücklagenbildung in solchen Fällen aus.
Wie schon das Finanzgericht folgte der BFH dieser Auslegung nicht. Nach Auffassung des BFH steht die (besondere) Bewertung einer übernommenen Pensionsverpflichtung gemäß § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG der Anwendung des Satzes 5 (Rücklagenbildung) nicht entgegen, sodass eine Rücklage auch in diesen Fällen gebildet werden kann (BFH-Urteil vom 23.10.2024, XI R 24/21). Einer rechtsfortbildenden teleologischen Extension bedarf es dafür aus Sicht des BFH nicht.
Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass § 5 Abs. 7 Satz 4 EStG keine eigenständige Regelung zur Rücklagenbildung enthalte. Die Vorschrift regele ausschließlich Bewertungsfragen bei der Übertragung von Pensionsverpflichtungen gemäß § 5 Abs. 7 Satz 1 EStG, ohne eine eigenständige Fallgruppe bzw. einen eigenständigen Tatbestand zu schaffen. Daher bleibe § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG auch in diesen Konstellationen (des Satzes 4) anwendbar.
Darüber hinaus verweist der BFH darauf, dass eine abweichende Behandlung der Übernahme von Pensionsverpflichtungen gegenüber anderen Verpflichtungsübernahmen zu systemwidrigen Ergebnissen führen könnte. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass § 4f Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG den sofortigen Abzug eines aus der Übernahme einer entsprechenden Pensionszusage ergebenden Aufwands erlaube. Der Gesetzgeber habe mit den Vorschriften des § 5 Abs. 7 EStG und § 4f EStG ersichtlich auch den Zweck verfolgt, die Portabilität von Versorgungszusagen nicht zu erschweren. Zudem habe der Gesetzgeber keine Korrespondenz zwischen § 4f Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG und § 5 Abs. 7 Satz 5 EStG geregelt.
Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf dieses Urteil reagieren wird und in welchem Umfang die Finanzämter die Entscheidung auf vergleichbare Fälle anwenden werden. Im Zweifel könnten betroffene Steuerpflichtige erneut den Weg über die Finanzgerichte einschlagen.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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