Kein Switch-over bei Minderheitsbeteiligungen an ausländischen Personengesellschaften

Für den BFH erfordert der in § 20 Abs. 2 AStG geregelte Wechsel von der Freistellungs- hin zur Anrechnungsmethode (sog. Switch-over) bei bestimmten Auslandsgewinnen, dass der Steuerinländer die ausländische Personengesellschaft, die die Gewinne erzielt, beherrscht. Damit widerspricht der BFH hinsichtlich einer praxisrelevanten Frage des internationalen Steuerrechts der Finanzverwaltung.  

Im Urteilsfall war eine inländische Kapitalgesellschaft zu 30 Prozent an einer US-Personengesellschaft beteiligt. Die US-Personengesellschaft erzielte in den Streitjahren 2007 bis 2009 aus der Vergabe von Lizenzen gewerbliche Einkünfte. In den USA unterlagen die Einkünfte aufgrund einer teilweisen Steuerbefreiung einer niedrigen Besteuerung. Das in den Streitjahren anwendbare DBA zwischen Deutschland und den USA sah vor, dass Gewinne aus ausländischen Betriebsstätten (hier in den USA) in Deutschland von der Steuer freizustellen waren (sog. Freistellungsmethode). 

Aufgrund der (teilweisen) Steuerbefreiung der Einkünfte in den USA nahm das Finanzamt an, dass die passiven Einkünfte niedrig besteuert seien, und unterwarf sie der inländischen Besteuerung gemäß § 20 Abs. 2 AStG (sog. Switch-over-Klausel, d.h. Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode). 

Unstrittig im Fall war, dass die US-Personengesellschaft passive und niedrig besteuerte Einkünfte erzielte. Streitig (und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden) war aber, ob § 20 Abs. 2 AStG im Fall der Beteiligung einer im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Person an einer (ausländischen) Personengesellschaft, die eine ausländische Betriebsstätte vermittelt, ungeachtet des Umfangs der Beteiligung anzuwenden ist.  

Die Finanzverwaltung vertritt dabei die Auffassung, dass die Rechtsfolge des § 20 Abs. 2 AStG ungeachtet des Umfangs der Beteiligung eintritt (sog. gesellschafterbezogene Sichtweise, vgl. Tz. 4.1.1.2.2 des BMF-Schreibens vom 26.09.2014 und vgl. auch BMF-Schreiben vom 22.12.2023, Rn. 1002). Demnach wären selbst Kleinstbeteiligungen an ausländischen Personengesellschaften vom Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 AStG erfasst. 

Im Einklang mit der Vorinstanz (FG Düsseldorf, vgl. EY-Steuernachricht vom 25.05.2023) erteilte der BFH der Auffassung der Verwaltung eine Absage (BFH-Urteil vom 08.04.2025, IX R 32/23). Entgegen der Ansicht der Verwaltung sei die Vorschrift des § 20 Abs. 2 AStG nicht gesellschafter-, sondern gesellschaftsbezogenen auszulegen. D.h. § 20 Abs. 2 AStG finde nur dann Anwendung, wenn der Steuerinländer mehrheitlich an der Personengesellschaft, die ihm eine ausländische Betriebsstätte vermittelt, beteiligt ist.  

Dies ergibt sich für den BFH aus dem systematischen Zusammenhang und Zweck des § 20 Abs. 2 AStG. Die Norm des § 20 AStG regele das Konkurrenzverhältnis zwischen der Hinzurechnungsbesteuerung und dem jeweils einschlägigen DBA. § 20 Abs. 1 AStG verweise in Gänze auf die Regelungen zu §§ 7 bis 18 AStG und damit auch auf das in § 7 Abs. 1 und 2 AStG festgelegte Beherrschungserfordernis. Hätte der Gesetzgeber (wie von der Finanzverwaltung vertreten) den Wechsel der Freistellung- zur Anrechnungsmethode nur vom Vorliegen von passiven Einkünften und einer ausländischen niedrigen Besteuerung abhängig machen wollen, wäre eine Bezugnahme in § 20 Abs. 2 AStG ausschließlich auf § 8 AStG geboten gewesen. Entscheidend für das Erfordernis einer Mehrheitsbeteiligung sei der Zweck des § 20 Abs. 2 AStG. Die Vorschrift soll eine Umgehung der Hinzurechnungsbesteuerung verhindern. Gäbe es die Vorschrift des § 20 Abs. 2 AStG nicht, könne ein Steuerinländer die Hinzurechnungsbesteuerung umgehen, indem er im niedrig besteuernden Ausland eine Betriebsstätte statt einer Kapitalgesellschaft einschaltet. Die Vorschrift soll als (sekundäre) Missbrauchsabwehr verhindern, dass die (primäre) Missbrauchsabwehr durch §§ 7 ff. AStG a.F. bei ansonsten gleichgelagerten Gegebenheiten umgangen wird. Wären jedoch auch Minderheitsbeteiligungen an einer Personengesellschaft von § 20 Abs. 2 AStG umfasst, ginge die sekundäre Missbrauchsabwehr weiter als die primäre. Für eine solche überschießende Reichweite, die selbst Kleinstbeteiligungen an Personengesellschaften erfassen würde, lässt sich dem Gesetz kein Zweck entnehmen.

Die Entscheidung des BFH betrifft zwar die Vorschrift des § 20 Abs. 2 AStG a.F. vor ATAD-UmsG und damit das mittlerweile überholte Beherrschungskonzept der „zufälligen Inländerbeherrschung“. Die Entscheidungserwägungen des BFH sollten jedoch auch für die aktuelle Fassung des § 20 Abs. 2 AStG Anwendung finden.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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