Steuerliche Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen

Nachdem der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung zur steuerlichen Anerkennung eines ohne Satzungsgrundlage beschlossenen inkongruenten Vorabgewinnausschüttungsbeschlusses widersprochen hat, reagiert nun das BMF und fasst sein bisheriges Schreiben hierzu neu. Dabei arbeitet es auch das BFH-Urteil zur Behandlung zeitlich inkongruenter Gewinnausschüttungen ein.

Eine inkongruente und satzungsdurchbrechende Gewinnausschüttung ist steuerlich anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich wirksam ist. Das in diesem Kontext ergangene BFH-Urteil v. 28.09.2022 (VIII R 20/20) widersprach der bis dahin geltenden Auffassung der Finanzverwaltung. Für die Finanzverwaltung indizierte bisher eine nur kurzzeitig geltende oder wiederholt geänderte Gewinnverteilungsabrede eine unangemessene Gestaltung (BMF-Schreiben vom 17.12.2013, vgl. EY-Steuernachricht vom 16.12.2022). Infolge dieser Rechtsprechung hat das BMF nun sein Schreiben zur steuerlichen Anerkennung inkongruenter Gewinnausschüttungen überarbeitet und eine aktualisierte Fassung veröffentlicht (BMF-Schreiben v. 04.09.2024). 

Das überarbeitete Schreiben widmet sich Fallkonstellationen der inkongruenten Gewinnausschüttung bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften. Während bei einer AG inkongruente Gewinnausschüttungen (wie bisher) nur bei Festlegung eines abweichenden Gewinnverteilungsschlüssel anzuerkennen sind (Rz. 8), unterscheidet das BMF für entsprechende Fälle innerhalb einer GmbH nun vier Fallkonstellationen. 

Wie bisher ist die steuerliche Anerkennung laut BMF in den Fallgruppen einer abweichenden Regelung der Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag (Rz. 2) sowie einer vorliegenden Öffnungsklausel für abweichende Gewinnverteilung im Gesellschaftsvertrag (Rz. 3) grundsätzlich gegeben. 

In Reaktion auf das o.g. BFH-Urteil nimmt das BMF nun aber zusätzlich auch die Konstellation eines punktuell satzungsdurchbrechenden Beschlusses auf (Rz. 4 und 5). Danach liegt ein der Besteuerung zugrunde zu legender punktuell satzungsdurchbrechenden Beschluss vor, wenn sich seine Wirkung in der betreffenden Maßnahme als Einzelakt erschöpft, der zwar die Satzung verletzt, aber keine Satzungsänderung für die Zukunft bewirken soll (Rz. 4). Erst wenn der Beschluss die Satzung mit Dauerwirkung (selbst für einen begrenzten Zeitraum) zu ändern beabsichtige und bei dessen Fassung nicht alle Anforderungen an eine Satzungsänderung vorliegen, sei der Beschluss nichtig (Rz. 5). 

In einer vierten Fallgruppe arbeitet das BMF zudem das zu gespaltenen Gewinnverwendungen bzw. zeitlich inkongruenten Gewinnausschüttungen ergangene BFH-Urteil v. 28.09.2021 (VIII R 25/19) ein (vgl. EY-Steuernachricht vom 27.01.2022). Hierzu hält das BMF fest, dass auch ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss grundsätzlich steuerlich anerkannt werden könne, der den Gewinnanteil des Mehrheitsgesellschafters in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage einstellt, obwohl zugleich die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden (Rz. 6). Das BMF führt weiter aus, dass diese Urteilsgrundsätze nicht im Widerspruch zu den Regelungen in H 20.2 EStH 2023 zum „Zuflusszeitpunkt bei Gewinnausschüttungen – Beherrschender Gesellschafter/Alleingesellschafter“ stünden (Rz. 7).   

Das BMF-Schreiben ersetzt das bisherige BMF-Schreiben vom 17.12.2013 und ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. 

Der Volltext des Schreibens steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.

Direkt zum BMF-Schreiben kommen Sie hier.