Humanoide Roboter befinden sich derzeit überwiegend im Pilot- oder frühen Kommerzialisierungsstadium. In den USA treiben Unternehmen wie Agility Robotics, Apptronik, Boston Dynamics, Figure AI und Tesla die Entwicklung mit unterschiedlichen technologischen Ansätzen voran. Die Bandbreite reicht vom industriellen Co-Worker bis zum generalistischen Serviceroboter. Parallel entsteht auch in China ein dynamisches Ökosystem mit Unternehmen wie AgiBot, Leju, Ubtech und Unitree, die bereits funktionsfähige Prototypen und fortgeschrittene Serienmodelle präsentieren. In Europa gilt insbesondere das deutsche Unternehmen Neura Robotics als Vorreiter . Mit einem klaren Fokus auf kognitive Fähigkeiten, modulare Hardware und sichere Mensch-Roboter-Interaktion positioniert sich Neura als potenzieller Technologieführer im globalen Wettbewerb. Zusätzlich positionieren sich deutsche Zulieferer in diesem Segment und nehmen maßgeblich an der Wertschöpfung teil.
Roboter-Hund als praxisnaher Vorreiter für humanoide Roboter
Der vierbeinige Roboter „Spot“ von Boston Dynamics demonstriert bereits heute das Potenzial autonomer mobiler Systeme in herausfordernden Einsatzumgebungen. Spot wird erfolgreich für Inspektions- und Überwachungsaufgaben in schwer zugänglichem oder gefährlichem Terrain eingesetzt – etwa zur Lageerkundung nach Industrieunfällen, zur Detektion von Brandherden oder zur Identifikation von Leckagen in komplexen Anlagen. Im Gegensatz dazu befinden sich humanoide Roboter noch überwiegend im kontrollierten Testbetrieb, meist in physisch klar abgegrenzten Zonen. Eine kontinuierliche Interaktion mit Menschen ist aktuell – bedingt durch Sicherheitsbedenken und regulatorische Hürden – noch eingeschränkt.
Einsatzbereiche für humanoide Roboter in der Fertigung kennen kaum Grenzen
Dennoch sind erste humanoide Roboter bereits in produktiven Fertigungsumgebungen im Einsatz – beispielsweise in Pilotlinien ausgewählter Industrieunternehmen. In vielen Branchen gibt es konkrete Testläufe. BMW experimentiert zum Beispiel in der Fertigung im US-amerikanischen Spartanburg mit zahlreichen Robotern. Experten gehen deshalb davon aus, dass sich der industrielle Rollout noch im laufenden Jahr deutlich beschleunigen wird. Die Einsatzpotenziale sind vielfältig, doch kurz- bis mittelfristig liegt der Schwerpunkt klar auf Tätigkeiten in Industrie, Produktion, Logistik und Lagerhaltung – insbesondere dort, wo körperlich anspruchsvolle, repetitive oder sicherheitskritische Aufgaben anfallen.
Voraussetzungen in Unternehmen sind ab sofort gefragt
Für Unternehmen bedeuten diese Fortschritte, dass sie Erfahrungsaufbau betreiben und ein Zielbild entwickeln sollten, um den Wertbeitrag nachzuhalten, die richtigen Entscheidungen zu treffen und die erforderliche Infrastruktur aufzubauen. Was sind Gründe, die für einen baldigen Einsatz humanoider Robotik in der Firma sprechen? An welchen Stellen im Unternehmen ist dies sinnvoll? Welche strategischen Vorteile oder Effizienzsteigerungen werden damit geschaffen?
Ein zentraler Aspekt bei diesen Überlegungen ist der demografische Wandel. Schon heute klagen viele Branchen über einen ausgeprägten Fachkräftemangel. Mit einer alternden Bevölkerung und immer strikteren Zuwanderungsregeln wird sich das Problem noch erheblich verschärfen. Roboter schaffen Entlastung, indem sie einen Teil der Aufgaben übernehmen. Zur Zukunft der Arbeit gehört auch, dass sich das menschliche Personal anspruchsvolleren und strategischen Fragen zuwenden wird.
Ein wesentliches Hemmnis für den breiten Einsatz von Robotern sind nach wie vor die hohen Anfangsinvestitionen. Neben den Anschaffungskosten fallen – abhängig vom Einsatzszenario – oft erhebliche Ausgaben für die Modernisierung der bestehenden Infrastruktur an. Diese können die Kosten der Roboter selbst deutlich übersteigen. Deshalb ist es essenziell, die technologische Umgebung frühzeitig und strategisch auf das angestrebte Zielbild sowie eine schrittweise Einführung auszurichten. Zwar ist mittelfristig mit sinkenden Anschaffungskosten zu rechnen, doch bleiben die infrastrukturellen Anforderungen ein entscheidender Kostenfaktor.
Herausforderungen bei der Einführung
Bei der Berechnung der Amortisationszeit stellt die Robotik-Hardware meist nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Gesamtinvestition dar. Für eine realistische Wirtschaftlichkeitsbewertung müssen zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden: etwa Aufwendungen für Cyber-Security, Anpassungen in der Organisationsstruktur und Prozesse im Rahmen des Change Managements, regulatorische Rahmenbedingungen sowie politische Standortfaktoren. Auch die Abhängigkeit von außereuropäischen Herstellern in der Lieferkette sollte kritisch hinterfragt werden – nicht zuletzt, um langfristige Resilienz und Souveränität durch europäische Lösungskomponenten zu fördern.Es ist heute bereits absehbar, dass RaaS-Lösungen (Robots-as-a-Service) perspektivisch die größten Chancen mit sich bringen. Da ein humanoider Roboter ein äußerst komplexes Konsumgut darstellen wird, ist zu erwarten, dass sich nicht nur Produkthersteller, sondern auch Service-Anbieter mit neuen und innovativen Lösungen positionieren werden.