Airplane shadow over the island forest,green concept

Sustainable Aviation Fuels: Wie kann das Fliegen grüner werden?

Die Luftfahrtindustrie soll dank nachhaltiger Kraftstoffe klimaneutral werden. Ein Blick auf Chancen, Hürden und Möglichkeiten für die Skalierung des Marktes.


Überblick

  • Klimafreundliche Flugkraftstoffe (SAF) gelten als wichtiger Baustein für eine umweltfreundlichere Luftfahrt.
  • Hohe Preise und fehlende Produktionskapazitäten hemmen den flächendeckenden Einsatz von SAF.
  • Zur Finanzierung der nötigen Investitionen von bis zu 1,5 Billionen US-Dollar sind innovative Lösungen gefragt.
  • Es braucht finanzielle und technische Rahmenbedingungen auf EU-Ebene, damit SAF-Projekte bankfähig werden können.

Flugscham, Kerosinschleuder, Klimakiller: Die Luftfahrtindustrie steht seit Jahren im Kreuzfeuer der Klimadebatte. Kein Wunder, denn Flugzeuge stoßen nicht nur hohe Mengen CO₂ aus, sondern setzen auch in großer Höhe klimaschädliche Gase frei. Während Kritiker den Verzicht auf Flugreisen fordern, arbeitet die Branche fieberhaft an einer grünen Revolution: Nachhaltige Kraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels, SAF) sollen den ökologischen Fußabdruck des Fliegens drastisch reduzieren und zum neuen Standard in der Luftfahrt werden. EY hat in einer umfassenden globalen Studie untersucht, ob die Luftfahrt auf diese Weise vom Klimasünder zum Überflieger werden kann, welche Hürden bei der Produktion und Einführung lauern und wer am Ende die Kosten trägt. Zusätzlich wurde in der Studie betrachtet, warum es derzeit nicht genug Produktionskapazitäten gibt, warum Hunderte Projekte immer noch nicht finanziert werden und wie die EU dies unterstützen kann.

SAF – die Kraftstoffe der Zukunft?

Laut der International Air Transport Association (IATA) könnten mit SAF bis zu 65 Prozent der Emissionen im Luftfahrtsektor eingespart werden. Die Entwicklung nachhaltiger Flugkraftstoffe ist also ein entscheidender Schritt in Richtung klimafreundlicher Luftfahrt.

Zwei Arten von SAF stehen derzeit im Fokus: Bio-SAF, die aus biogenen Rohstoffen wie Pflanzenfetten oder Algen gewonnen, und E-SAF, die aus CO₂ und grünem H2 hergestellt werden. Beide Technologien haben das Potenzial, fossiles Kerosin zu ersetzen – allerdings gibt es technologische und wirtschaftliche Hürden.

Sustainable Aviation Fuels: Erfolgsfaktoren für die Defossilierung des Luftverkehrs

Paradigmenwechsel in der Luftfahrt: Mit der Einführung von SAF können nicht nur die Umweltbelastung erheblich reduziert, sondern auch die Grundlage für eine nachhaltigere Zukunft gelegt werden. Um einen effektiven Einsatz von SAF zu ermöglichen, bedarf es sorgfältiger Strategien und planvoller Investitionen, die auch die Bankfähigkeit von SAF-Projekten berücksichtigen. Die Studie analysiert, welche technologischen, regulatorischen und finanziellen Aspekte für einen nachhaltigeren Luftverkehr entscheidend sind.

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Bio-SAF werden mithilfe eines erprobten und etablierten Produktionsprozesses aus Reststoffen wie altem Frittierfett hergestellt. Erste Fluggesellschaften nutzen den Kraftstoff bereits, um ihre CO₂-Bilanz zu verbessern. In den vergangenen Jahren sind die produzierten Mengen rasant gestiegen, langfristig könnte es jedoch an Rohstoffen mangeln. E-SAF hingegen ließen sich theoretisch unbegrenzt herstellen, sobald es genug erneuerbare Energie und grünes CO₂ gibt. Die Herstellung benötigt enorme Mengen an grünem Strom: Um allein in Deutschland die von der EU geplante E-SAF-Quote von 2 Prozent bis 2032 zu erfüllen, wären etwa 75 Terawattstunden erneuerbarer Energie und 1 Million Tonnen CO₂ erforderlich.​ Hinzu kommen beträchtliche Investitionen in Infrastruktur und Technologie.
 

Regulatorischer Anschub für SAF

Politische Entscheidungen und Vorgaben haben in der Branche den Turbo gezündet. Mit der „ReFuelEU Aviation“-Initiative hat die EU klare Quoten für den Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe festgelegt: Die ambitionierten Ziele sehen vor, den SAF-Anteil von bescheidenen 2 Prozent im Jahr 2025 auf beeindruckende 70 Prozent bis 2050 zu steigern. SAF sollen damit von einer Nischenlösung zum neuen Standard werden. Die Vorgaben sorgen für erheblichen Druck, nachhaltigere Kraftstoffe schneller zu skalieren.

Zusätzlich verteuert das verschärfte Europäische Emissionshandelssystem (ETS) CO₂-Emissionen für Airlines. Dies macht fossiles Kerosin immer unattraktiver und verschafft SAF einen Wettbewerbsvorteil. Die Einführung von Umweltlabels für Flüge ab 2025 durch die European Aviation Safety Agency (EASA) soll zudem die Wahl der Passagiere beeinflussen. Wer den ökologischen Fußabdruck seiner Flugreise kennt, entscheidet sich vielleicht häufiger für Airlines, die auf SAF setzen – ein weiterer Anreiz für die Branche, nachhaltig zu fliegen. Schon heute fordern einige Luftfracht-Großkunden grünere Leistungen von den Fluggesellschaften.



 Die regulatorischen Vorgaben sollen dazu führen, dass nachhaltigere Kraftstoffe schneller skaliert werden.



Finanzierung der grünen Revolution am Himmel

Der Einsatz umweltfreundlicher Kraftstoffe ist essenziell, um die Klimaziele der Luftfahrtindustrie zu erreichen. Doch er bringt enorme Kosten sowohl für Unternehmen als auch für Investoren mit sich. Aktuell sind SAF bis zu sechsmal so teuer​ wie fossiles Kerosin, was ihren breiten Einsatz bremst. Zudem hinken die Produktionskapazitäten der Nachfrage hinterher. Die IATA geht davon aus, dass die SAF-Produktion im Jahr 2025 nur 2,1 Millionen Tonnen oder 0,7 Prozent der gesamten Düsentreibstoffproduktion erreichen wird.

Besonders kostenintensiv sind E-SAF, die aus grünem Wasserstoff und CO₂ hergestellt werden. Die Kosten könnten jedoch in den kommenden Jahrzehnten dank technologischer Fortschritte und Skaleneffekten um gut die Hälfte sinken. Gleichzeitig dürften Bio-SAF aufgrund möglicher Rohstoffknappheit teurer werden​. Es bleibt eine enorme Preisdifferenz zu herkömmlichem Kerosin, was den Einsatz von SAF auf kurze Sicht wenig attraktiv macht.

Um die SAF-Produktion auf ein Niveau zu bringen, das den Bedarf der Luftfahrtbranche decken kann, sind gewaltige Investitionen nötig. Schätzungen gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren zwischen 1,0 und 1,5 Billionen US-Dollar investiert werden müssen.

Hohe Investitionen
Billionen US-Dollar müssen geschätzt in Produktionsanlagen und Infrastruktur investiert werden, um die SAF-Produktion bis 2050 an die Nachfrage anzupassen.

Um die nötigen Finanzmittel zu mobilisieren, sind innovative Modelle gefragt. Ein EY-Vorschlag ist die Einführung eines zentralen Fonds auf EU-Ebene, der Gelder aus verschiedenen regulatorischen Quellen wie Strafzahlungen und dem Emissionshandel bündelt und strategisch in den Aufbau der SAF-Industrie investiert. Zusätzlich können langfristige Abnahmeverträge zwischen Fluggesellschaften und SAF-Produzenten das Vertrauen von Investoren stärken, da sie eine stabile Nachfrage garantieren. Darüber hinaus könnten neue Finanzierungsquellen wie Flugticketabgaben für SAF eingeführt werden, ähnlich den heutigen freiwilligen Kompensationszahlungen. Die verpflichtende Steuer auf Flugtickets – je nach Distanz etwa 30 bis 80 Euro pro Strecke – könnte direkt in den SAF-Fonds fließen​.

Die vergessenen Klimakiller

Doch SAF allein lösen nicht alle Probleme der Luftfahrt. Neben den CO₂-Emissionen entstehen durch das Fliegen weitere Klimafaktoren wie Kondensstreifen, Rußpartikel und Stickoxide. Diese sogenannten Nicht-CO₂-Effekte haben Schätzungen zufolge einen höheren Einfluss auf die Erderwärmung als das ausgestoßene CO₂. Zwar setzen SAF weniger Rußpartikel frei und reduzieren damit die Bildung von Kondensstreifen, doch sie eliminieren diese Effekte nicht vollständig. Ohne zusätzliche Maßnahmen wie die Optimierung von Flugrouten und möglichen Flughöhen, effizientere Triebwerke und vor allem weniger Flugverkehr bleibt die Klimabilanz des Fliegens belastet.​


Fazit

Die Luftfahrtindustrie arbeitet intensiv am Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF), um ihren CO₂-Fußabdruck zu senken. Die Politik hat den Druck auf die Branche durch Quoten und das Emissionshandelssystem zuletzt weiter verschärft. SAF könnten bis zu 65 Prozent der Emissionen reduzieren, doch hohe Kosten und technologische Hürden bremsen den großflächigen Einsatz. Schätzungen gehen von Investitionen von bis zu 1,5 Billionen US-Dollar in den kommenden Jahren aus – angesichts der bisher mangelhaften Bankfähigkeit der Projekte eine hohe Summe. Zudem wirken Nicht-CO₂-Effekte weiterhin negativ auf das Klima. Entscheidend wird sein, wie schnell technologische Fortschritte die Kosten für SAF senken, ob Investoren, Unternehmen und Kunden bereit sind, die enormen Summen zu stemmen, und wie die EU den Markt durch Förderinstrumente unterstützen kann.

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