Der 1972 geborene Kläger ist Diplomwirtschaftsjurist mit langjähriger Führungsverantwortung, die Beklagte ein international agierender Sportartikelhändler. Im April 2023 bewarb sich der Mann auf die ausgeschriebene Position als „Manager Corporate Communication (m/w/d) Unternehmensstrategie“. Die Anzeige enthielt folgende Formulierung: „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Datengetriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause.“ Nach der Absage klagte der Mann beim Arbeitsgericht Heilbronn wegen Altersdiskriminierung. Sein Argument: Die Verwendung des Begriffs „Digital Native“ deute darauf hin, dass die Firma einen Bewerber suchte, der einer Generation entstamme, die von Kindesbeinen an die digitale Sprache von Computer, Videospielen und Internet verwendet. Grundsätzlich würden nur Angehörige der Geburtsjahrgänge ab 1980 den „digitalen Ureinwohnern“ zugerechnet.
Locker vom Hocker
Der Kläger forderte eine Entschädigung in Höhe von fünf Bruttomonatsgehältern. Die Beklagte wehrte sich dagegen und führte an, der Diplomwirtschaftsjurist sei für die Stelle überqualifiziert und habe zudem keinerlei Bezüge zum Sport. Die Formulierung in der Stellenanzeige habe locker wirken und ganz allgemein Bewerberinnen und Bewerber ansprechen sollen, die sich in der digitalen Welt zu Hause fühlen.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht Heilbronn sprach dem Kläger einen Entschädigungsanspruch von 1,5 Bruttomonatsgehältern gem. § 15 Abs. 2 AGG zu (Urteil vom 18.01.2024, Az. 8 Ca 191/23). Zur Begründung erklärten die Richter, nach § 11 AGG dürfe ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden. Unter „Digital Native“ ist nach der Ansicht des Gerichts gemäß allgemeinem Sprachgebrauch eine Person zu verstehen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen und in ihrer Benutzung geübt ist. Durch die Stellenanzeige habe also eine Einengung des Bewerberkreises stattgefunden, womit eine Altersdiskriminierung des Klägers zu vermuten sei. In solchen Fällen trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Das war dem Sportartikelhändler im vorliegenden Fall offensichtlich nicht geglückt.
Co-Autoren: Dr. Marko Loose & Liesa Filbinger