Mitarbeitende bei einem Treffen in einem modernen hellen Coworking-Space

Was Unternehmen beachten müssen, wenn ihre Beschäftigten länger arbeiten

Verwandte Themen

Unternehmen müssen wichtige Regelungen beachten, wenn ihre Beschäftigten länger arbeiten. Eine kurze Betrachtung von gesetzlichen Vorgaben, Rechten und Pflichten.

Überblick

  • Unternehmen müssen bei Überstunden ihrer Beschäftigten wichtige gesetzliche Vorgaben, um Konflikte zu vermeiden. 
  • Die Vergütung von Überstunden ist nicht einheitlich geregelt und sollte klar und transparent im Arbeitsvertrag festgehalten werden. 
  • Eine ordnungsgemäße Dokumentation der Arbeitszeiten ist für Arbeitgeber unerlässlich, um rechtliche Risiken zu minimieren.

Überstunden und Mehrarbeit sind in vielen Unternehmen Teil des Arbeitsalltags. Doch von der Anordnung etwaiger Überstunden über deren Vergütung und die Beachtung der Höchstarbeitszeit bis hin zur Mitbestimmung durch den Betriebsrat gibt es eine Reihe von Aspekten, die für Unternehmen relevant sind. Insbesondere die pauschale Abgeltung von Überstunden ist ein heikles Thema. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Überstundenvergütungen konkret und transparent geregelt werden. Der Betriebsrat hat unabhängig von der Betriebsgröße bei der Anordnung von Überstunden immer ein Mitbestimmungsrecht. Selbst in dringenden oder kurzfristigen Fällen ist deshalb eine rechtzeitige Abstimmung erforderlich, um Konflikte zu vermeiden. Daher ist die Einführung von Rahmenvereinbarungen mit dem Betriebsrat eine sinnvolle Ergänzung zu den vertraglichen Regelungen.

Anordnung

Ein Arbeitnehmer ist nur dann zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn dies individual- oder kollektivrechtlich vereinbart ist. Ausnahmen können sich nur in betrieblichen Notsituationen ergeben, z. B. bei Naturkatastrophen, schweren Unfällen, plötzlichen Maschinenausfällen oder anderen Fällen höherer Gewalt. Allerdings ist die Anordnung von Überstunden unzulässig, sobald die gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche überschritten wird. Auf kollektivrechtlicher Ebene ist außerdem das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Überstunden zu beachten. Arbeitnehmer sind nur dann verpflichtet, Überstunden zu leisten, wenn der Betriebsrat bei der Anordnung ordnungsgemäß beteiligt wurde.

Vergütung

Im Arbeitsrecht gibt es grundsätzlich keine einheitliche gesetzliche Regelung für die Vergütung von Überstunden. Im Grundsatz müssen sie dann vergütet werden, wenn es mit den Arbeitnehmern vereinbart ist oder eine Vergütungserwartung besteht. Ob eine solche Vergütungserwartung objektiv vorliegt, hängt maßgeblich von der Position des Arbeitnehmers und dessen Gehalt ab. Bei Arbeitnehmern, die ,,höhere Dienste‘‘ verrichten oder deren Vergütung oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung liegt, kann eine zusätzliche Vergütung in der Regel nicht erwartet werden (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Juni 2012, Az.: 5 AZR 530/11).

Grafik: Beschaeftigte Arbeitnehmer

Option für den Arbeitgeber

In der Praxis erfolgt die Abgeltung von Überstunden entweder durch Freizeitausgleich oder durch Geldzahlung. Wenn eine Vereinbarung beides vorsieht, liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, welche Option er wählt. Arbeitnehmer haben in diesem Fall keinen Anspruch auf eine bestimmte Form der Kompensation. Sollte ein Freizeitausgleich nicht möglich oder nicht gewollt sein, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Überstunden finanziell zu vergüten. Das gilt auch dann, wenn die Überstunden gegen arbeitszeitrechtliche Vorschriften verstoßen oder mitbestimmungswidrig geleistet wurden. Das Arbeitszeitgesetz schützt zwar vor Überforderung, es schließt jedoch nicht den Anspruch auf Überstundenvergütung aus – unabhängig von der Rechtmäßigkeit der überobligatorisch geleisteten Arbeitszeit.

Beweislast

Die Darlegungs- und Beweislast liegt grundsätzlich bei den Arbeitnehmern. Diese müssen nachweisen, wann und in welchem Umfang sie über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus tätig waren und dass die Überstunden entweder vom Arbeitgeber angeordnet oder zumindest (wissentlich) gebilligt wurden. Für den Arbeitgeber wird die ordnungsgemäße Dokumentation von Arbeitszeit und Überstunden zu einem unverzichtbaren Instrument, um rechtliche Risiken zu minimieren und eine lückenlose Nachvollziehbarkeit der Arbeitsleistung zu gewährleisten, da er im Bestreitensfall dem Vortrag des Arbeitnehmers substanziiert entgegentreten muss.

Grafik: Arbeitszeit und Ueberstundenvolumen

Pauschale Abgeltung

Regelungen zur pauschalen Abgeltung von Überstunden stehen üblicherweise in Arbeitsverträgen oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen. Eine sorgfältige Formulierung ist hier von besonderer Bedeutung. Denn derartige Abgeltungsklauseln stellen grundsätzlich allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) dar, d. h. Vertragsklauseln, die der Arbeitgeber einseitig vorformuliert hat und dem Arbeitnehmer bei Vertragsschluss zur Annahme stellt. Als solche bergen sie die Gefahr, dass sie intransparent und damit unwirksam sind, wenn sie die Höhe der abgegoltenen Überstunden nicht konkret beziffern. Dies gilt für einzelvertragliche Vereinbarungen wie auch für Betriebsvereinbarungen. Soll eine gewisse Anzahl an Überstunden mit dem Gehalt abgedeckt sein, so ist der Umfang konkret zu benennen. Nur in Ausnahmefällen – z. B. wenn das Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung liegt oder der Arbeitnehmer Dienste höherer Art leistet – können alle Überstunden pauschal mit dem Gehalt abgegolten werden, da es dann auch an der objektiven Vergütungserwartung fehlt.

Teilzeitkräfte

Auch bei Teilzeitbeschäftigten ist auf eine rechtskonforme Überstundenvergütung zu achten. In einem aktuellen Urteil entschied das Bundesarbeitsgericht, dass es gegen das Diskriminierungsverbot für Teilzeitbeschäftigte verstößt, wenn in tarifvertraglichen Regelungen Zuschläge nur für Überstunden gezahlt werden, die über die regelmäßige Arbeitszeit von Vollzeitkräften hinausgehen (BAG-Urteil vom 5. Dezember 2024, Az.: 8 AZR 370/20).

Ansprechpersonen: Sebastian Rasch, Mia Husnjak

Fazit

Um Überstunden korrekt zu handhaben, sollten Arbeitgeber klare vertragliche Regelungen treffen und die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten. Ein transparenter Umgang mit der Überstundenvergütung und eine fundierte Kenntnis der rechtlichen Vorgaben helfen, Probleme zu vermeiden und das Arbeitsumfeld sowohl für Unternehmen als auch für die Beschäftigten zu optimieren.

Mehr zum Thema

Warum das Modell "Employer of Record" für internationale Beschäftigung attraktiv ist

Wer Beschäftigte im Ausland anwerben will, kann dort Personalagenturen mit Rundum-Paketen zwischenschalten.

Welche Neuerungen müssen Grenzpendler beachten

Pandemiebedingte Regelungen liefen aus und wurden durch neue ersetzt. Fallstricke lauern im Detail.

Was Unternehmen und Beschäftigte zum neuen Arbeitszeitgesetz wissen sollten

Nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts muss die Bundesregierung die Anforderungen an die Arbeitszeiterfassung verschärfen.

    Über diesen Artikel