- 34 Prozent der Befragten in Deutschland machen sich Gedanken über die negativen Auswirkungen ihres digitalen Konsums
- Jede und jeder Zweite (51 Prozent) nimmt sich regelmäßig Auszeiten von Smartphone, Computer und Co.
- 57 Prozent finden, dass Regierung und Behörden nicht genug gegen schädliche Inhalte im Netz tun
November 2024. Nur noch schnell im Feierabend eine Mail beantworten oder ein kurzes Video vor dem Einschlafen gucken – das ist kein Problem, richtig? Mehr als jede und jeder Dritte (34 Prozent) sieht dies inzwischen anders und macht sich Gedanken über die negativen Auswirkungen seiner digitalen Gewohnheiten an Smartphone, Tablet, Computer und Co. Damit ist dieser Anteil im internationalen Vergleich aber sogar noch relativ gering: Der weltweite Durchschnitt liegt bei 38 Prozent – nur die Nutzerinnen und Nutzer in Schweden (28 Prozent) machen sich weniger Sorgen in Bezug auf ihren Internetkonsum als die Befragten in Deutschland. Anders sieht es dagegen z. B. in Italien (44 Prozent), Spanien und Kanada (beide 42 Prozent) aus.
Ein Beispiel für die negativen Auswirkungen der eigenen Bildschirmzeit zeigt sich in Bezug auf die sozialen Kontakte: 35 Prozent der Menschen in Deutschland sagen, dass sie mehr Zeit damit verbringen, Reels, Shorts oder ähnliche Kurzvideoformate auf den sozialen Netzwerken zu schauen, als Zeit mit ihren Bekannten, Freunden und Verwandten zu verbringen. Mehr als jede und jeder Zweite (51 Prozent) hierzulande findet dies offenbar beunruhigend, will nicht zum so genannten „Smombie“ werden – und verordnet sich selbst Internetauszeiten. Nur in Kanada (54 Prozent) und den USA (53 Prozent) ist dieser Wert noch höher, der internationale Durchschnitt liegt bei 43 Prozent.
Das sind Ergebnisse der diesjährigen „Digital Household Study“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Für die Studie wurden 20.000 Menschen weltweit befragt, 1.000 davon in Deutschland.
Olaf Riedel, Partner bei EY-Parthenon und Leiter Technologie, Medien & Telekommunikation: „Nutzerinnen und Nutzer bewegen sich im Netz bewusster, als dies noch vor ein paar Jahren der Fall war. Vor allem die Corona-Pandemie war hier eine Zäsur. Die digitalen Angebote sind enorm gewachsen, sowohl wenn es um die Angebotsformen selbst als auch wenn es um die Zahl der Anbieter geht. Dies haben die Menschen in Lockdownzeiten mangels Alternativen gerne in Anspruch genommen. Aktuell befinden wir uns aber offenbar an einem Kipppunkt, an dem sich viele Nutzerinnen und Nutzer von der schieren Masse der Möglichkeiten überfordert fühlen – oder nach dem Konsum nicht zufrieden mit sich selbst und der genutzten Zeit sind. Die Flut an Angeboten wird daher zunehmend auch als Belastung empfunden.“
Doch trotz der negativen Auswirkungen, die der digitale Konsum haben kann: 49 Prozent der Menschen hierzulande sagen, dass ihr Sozialleben ohne Zugang zum Internet leiden würde. Nur ein Viertel der Befragten (25 Prozent) stimmt dieser Aussage nicht zu. Ein hoher Wert – und doch liegen die Nutzerinnen und Nutzer hierzulande damit im internationalen Vergleich auf einem der letzten Plätze. Nur in Schweden sagen weniger Menschen (43 Prozent), dass der Zugang zu TikTok, Instagram und Co. essenziell für ihre sozialen Kontakte ist. Spitzenreiter sind – mit Abstand – die Nutzerinnen und Nutzer in Südkorea: Hier geben mehr als sieben von zehn Befragten (73 Prozent) an, dass das Internet von fundamentaler Bedeutung für ihr Sozialleben ist.
Große Sorge vor KI-Missbrauch durch Kriminelle
Fast sechs von zehn Befragten (58 Prozent) hierzulande machen sich Sorgen, dass Anwendungen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) für negative oder schädliche Inhalte im Internet eingesetzt werden können. Allerdings: Im Rest der Welt sind die Sorgen noch größer, dies zeigt sich vor allem, wenn man nach Spanien (71 Prozent), Kanada (66 Prozent) oder in die USA (63 Prozent) blickt. Hinzu kommt: Dass es möglich ist, die eigenen Nutzerdaten bei der Verwendung internetfähiger Geräte vor fremdem Zugriff zu schützen, glaubt hierzulande nur knapp jede und jeder vierte (24 Prozent) Befragte.
Riedel: „Künstliche Intelligenz spielte für viele Menschen bisher vor allem in Bezug auf ihren Arbeitsplatz eine Rolle. Texte und Bilder in der Freizeit zu bearbeiten, wurde eher als nette Spielerei gesehen. Die andere Seite der Medaille wurde bisher deutlich schwächer beleuchtet, kommt aber langsam im Bewusstsein der Menschen an: Kriminelle haben mit KI-Anwendungen im digitalen Raum so viele Möglichkeiten für Betrug und Beeinflussung wie wahrscheinlich noch nie. Die Sicherheitsbehörden und Regierungen sind hier gefordert – und arbeiten bereits mit Hochdruck an Lösungen. Dies führt zu Unsicherheiten auf Seiten der Menschen, sie sich selbstverständlich auch auf das allgemeine Konsumverhalten im digitalen Raum auswirken.“
Allerdings: Schon jetzt ist die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unzufrieden und findet, dass der Staat mehr gegen schädliche Inhalte im Netz (57 Prozent) und Fake News (53 Prozent) tun muss. Die Folge, aber möglicherweise auch ein Zeichen für steigende Medienkompetenz: Mehr als jede und jeder Zweite (52 Prozent) hierzulande sagt, dass sie oder er oft an der Authentizität von Netzinhalten zweifelt. In der aktuellen EY-Umfrage landet Deutschland trotz des verhältnismäßig hohen Wertes auf dem letzten Platz. So sagen in Italien fast zwei Drittel aller Befragten (64 Prozent), dass sie wenig Vertrauen in Inhalte im Internet haben. Ähnlich hoch ist der Wert im Vereinigten Königreich (60 Prozent), der Schweiz, den USA und Kanada (jeweils 59 Prozent).