- 28 Prozent der Beschäftigten in Deutschland sind bei der Arbeit nicht motiviert
- Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind deutlich zufriedener mit ihrem Job als junge
- Fast ein Drittel (30 Prozent) der Befragten findet keine Anerkennung für sich und die eigene Arbeit
- Trotzdem sagen 93 Prozent, dass sie einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten
Kommen Deutschlands Angestellte aus ihrem Motivationsloch? Aktuell bezeichnen sich etwas mehr als sieben von zehn Beschäftigten (72 Prozent) laut einer aktuellen EY-Studie als motiviert. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass deutlich mehr als ein Viertel der Angestellten (28 Prozent) hierzulande höchstens „Dienst nach Vorschrift“ macht. Im Vergleich zur Vor-Befragung im Jahr 2023 ist die Verteilung nahezu unverändert geblieben. Der Anteil der „hochmotivierten“ bleibt mit 18 Prozent (plus einen Prozentpunkt im Vergleich zum Jahr 2023) weiterhin auf einem deutlich niedrigeren Niveau als in den Vorjahren. Zum Vergleich: 2021 waren noch 28 Prozent der Angestellten hochmotiviert, 2019 sogar 42 Prozent.
Auch die Zufriedenheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland pendelt sich auf einem niedrigen Wert ein. Aktuell bezeichnet sich nur etwas mehr als ein Drittel aller Befragten (34 Prozent) als uneingeschränkt zufrieden, wenn es um ihre Arbeitssituation geht – ein Plus von drei Prozentpunkten im Vergleich zum Jahr 2023. Der Anteil derer, die mit ihrer beruflichen Situation „eher unzufrieden“ oder „unzufrieden“ sind, liegt aktuell bei 15 Prozent und damit zwei Prozentpunkte unter dem Wert von 2023.
Bergab ging es vor allem mit der Zufriedenheit der jüngeren Befragten. Bezeichneten sich vor 24 Monaten noch mehr als die Hälfte (54 Prozent) als glücklich mit ihrer Arbeit und deren Bewertung, sind es aktuell nur noch ein Drittel (33 Prozent) – ein Minus von 21 Prozentpunkten.
Das sind Ergebnisse der alle zwei Jahre durchgeführten EY-Jobstudie, für die mehr als 2.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland repräsentativ befragt wurden.
Die auf einem niedrigen Wert stagnierende Job-Motivation und Zufriedenheit unter den Beschäftigten in Deutschland wertet Jan-Rainer Hinz, Mitglied der Geschäftsführung, Leiter Personal und Arbeitsdirektor bei EY, als Alarmsignal: „Eine niedrige Motivation wirkt sich direkt auf die Produktivität der Unternehmen aus – ein Fakt, der Unternehmen gerade in Zeiten großer wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten und Herausforderungen, wie wir sie gerade erleben, zu denken geben muss. Mögen die Gründe für die niedrigen Zufriedenheits- und Motivationswerte auch vielfältig sein, die Folgen sind immer die gleichen: Durch das nicht genutzte Potenzial verlieren Unternehmen kurz- und mittelfristig Milliarden Euro an Umsatz. Langfristig droht zusätzlich ein Fachkräfteverlust. Denn wer an seinem Arbeitsplatz dauerhaft nicht zufrieden ist, wird sich nach Alternativen auf dem Arbeitsmarkt umschauen.“
Angestellte im Öffentlichen Dienst sind deutlich motivierter als der Durchschnitt
Am motiviertesten sind erneut die Führungskräfte: Zwei von drei Top-Managerinnen und -Manager (67 Prozent, plus 22 Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr 2023) bezeichnet sich als „hochmotiviert“. Bei den übrigen Befragten liegt der Anteil der Hochmotivierten mit 18 Prozent erheblich niedriger. Mit einem Anteil von 24 Prozent liegen Angestellte aus dem Öffentlichen Dienst deutlich über dem Durchschnitt. Zum Vergleich: in der freien Wirtschaft und bei Verbänden sowie sonstigen Institutionen sind gerade einmal 17 Prozent hochmotiviert.
Nicole Dietl, Partnerin Assurance und Talent Leaderin bei EY, sagt: „Die überdurchschnittlich hohe Motivation im Öffentlichen Dienst widerspricht vielen Klischees, die es über den Sektor gibt. Sie dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass die Menschen gerade in sehr unsicheren Zeiten vor allem die Jobsicherheit und ,Work Life Balance‘, für die der Öffentliche Dienst steht, zu schätzen wissen. Während viele große private Arbeitgeber aktuell eher mit Stellenstreichungen Schlagzeilen machen, müssen sich die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst darüber keine Sorgen machen. Offenbar wissen das viele Beschäftigte zu schätzen. Mit Blick auf ihre Mitarbeiterschaft sollten Unternehmerinnen und Unternehmer hiervor nicht die Augen verschließen – und ihre eigene Firmenpolitik überdenken oder dies zumindest im Hinterkopf haben.“
Arbeitsklima ist entscheidend – und wichtiger als Geld
Ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ein gutes Arbeitsklima. Mehr als jede und jeder Zweite (57 Prozent) gibt dies als wichtigen Motivationsfaktor im Job an. Fast ebenso vielen Befragten ist ein gutes Verhältnis zu den Kolleginnen und Kollegen (55 Prozent) wichtig. Ein hohes Gehalt motiviert dagegen nur etwas mehr als jeden Dritten (37 Prozent), Erfolgsprämien nur etwas mehr als jeden Zehnten (zwölf Prozent). Hinz sagt: „Der Faktor Mensch bleibt entscheidend. Ein gutes Betriebsklima und ein kollegiales Umfeld motivieren Angestellte deutlich stärker als ein hohes Gehalt oder Bonuszahlungen. Offenbar macht Geld allein – zumindest im beruflichen Umfeld – nicht glücklich. Der regelmäßige Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, Freundschaften, die geknüpft werden: Offenbar sind es vor allem solche ,weichen‘ Faktoren, die eine sehr große Rolle spielen.“
Großteil der Beschäftigten ist stolz auf die eigene Arbeit
Trotz oftmals mangelnder Motivation und zurückgehender Zufriedenheit bewerten die Angestellten in Deutschland ihre eigene Arbeit nahezu durchweg positiv: 93 Prozent sagen, dass sie mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten. Im Top-Management sagt dies fast jede und jeder Befragte (97 Prozent). Trotz des erheblichen Beitrags, den die meisten Befragten nach eigener Einschätzung zum Unternehmenserfolg leisten, ist der Anteil der Angestellten, die das Gefühl haben, dass dies von Vorgesetzten gewürdigt wird, geringer: Nur 70 Prozent sind der Meinung, dass ihre eigene Arbeit geschätzt wird. Dietl: „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind stolz auf ihre Arbeit – und das zu Recht. Doch die Diskrepanz zwischen geringer Zufriedenheit und Motivation auf der einen und der hohen Einschätzung des eigenen Beitrags zum Firmenerfolg auf der anderen Seite sollte Arbeitgeber aufhorchen lassen. Ein allgemeingültiges Allheilmittel gibt es aus dieser Abwärtsspirale zwar nicht, doch die Gründe für mangelnde Einstellung lassen sich ergründen – und beheben.“
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