Bei der Aufteilung der Vorsteuer bei gemischt genutzten Grundstücken kommt einerseits eine Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel in Betracht. Hiervon muss allerdings im Zuge einer wirtschaftlichen Zurechnung abgewichen werden, wenn dies zu präziseren Ergebnissen führt. Dies kann z.B. mittels eines Flächenschlüssels oder objektbezogenen Umsatzschlüssels erfolgen.
Bei gemischt genutzten Grundstücken ist die Vorsteueraufteilung unionsrechtlich grundsätzlich nach einem gesamtumsatzbezogenen Umsatzschlüssel vorzunehmen (Art. 174 MwStSystRL). Davon können die Mitgliedstaaten nach Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL abweichen, was Deutschland mit § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG getan hat („andere wirtschaftliche Zuordnungen“). Vorsteuern aus der Anschaffung und Herstellung von Gebäuden sind einheitlich nach einer der obigen Schlüsselmethoden aufzuteilen (keine vorrangige direkte Zuordnung einzelner Kostenbestandteile). Vorsteuern aus Kosten der Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung eines Gebäudes sind hingegen vorrangig direkt einzelnen Verwendungsumsätzen zuzurechnen und nur soweit diese direkte Zuordnung nicht möglich ist, greifen oben dargestellte Aufteilungsvorgaben.
Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung herausgearbeitet, dass grundsätzlich die Methode Vorrang hat, die präzisere Ergebnisse liefert (EuGH-Urteil vom 08.11.2012, C-511/10, BLC Baumarkt). Darauf entschied der BFH, dass durch teleologische Reduktion § 15 Abs. 4 UStG unionsrechtskonform ausgelegt werden kann und grundsätzlich kein Konflikt mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie besteht (BFH-Urteil vom 23.08.2013, V R 19/09).
Nach weiterer Rechtsprechung, die darauf aufbaut, veröffentlicht das BMF mit Schreiben vom 20.10.2022 neue Grundsätze zur Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken. Danach kommen vorrangig andere Schlüssel in Betracht als ein gesamtumsatzbezogener Umsatzschlüssel, wenn diese zu einem präziseren Ergebnis führen. Der objektbezogene Flächenschlüssel führt regelmäßig zu präziseren Ergebnissen. Hierbei sind die Gebäudeinnenflächen ohne z.B. Außenstellplätze einzubeziehen. Zur Flächenberechnung kann auch eine andere anerkannte Methode wie z.B. nach DIN 277 herangezogen werden.
Weicht die Ausstattung der einzelnen Räume im Gebäude erheblich voneinander ab, führt der Flächenschlüssel nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Stattdessen ist der objektbezogene Umsatzschlüssel anzuwenden. Eine erhebliche Abweichung in der Ausstattung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn sich der Herstellungsaufwand deutlich von anderen Räumen unterscheidet oder sie z.B. besonders luxuriös sind.
Bei besonderen Abweichungen in der Geschosshöhe kann auch der umbaute Raum als Schlüssel verwendet werden.
Die Änderungen wurden auch in A 15.2c, 15.6a, 15.16, 15.17 sowie 15a.2 UStAE vollzogen und um die im BMF-Schreiben beschriebene Rechtsprechung ergänzt, soweit sie nicht bereits enthalten war.
Die Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige eine vor Veröffentlichung des Schreibens zulässige direkte Zuordnung von Vorsteuerbeträgen vorgenommen hat oder er sich auf die bisherigen Fassungen von A 15.2c Abs. 10 oder A 15.6a Abs. 3 UStAE beruft.
Der Volltext des Schreibens steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.
Direkt zum BMF-Schreiben kommen Sie hier.
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