Der BFH gewährt Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden, die auf § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG (Beteiligungserwerbe von mehr als 50 Prozent) gestützt sind. Anders als die Vorinstanz räumt dabei der BFH dem Aussetzungsinteresse gegenüber dem Interesse am Vollzug des Gesetzes den Vorrang ein.
Im konkreten Fall wurden die Verlustvorträge einer GmbH infolge eines schädlichen Anteilserwerbs (mehr als 50 Prozent) nach § 8c Abs. 1 Satz 2 (jetzt Satz 1) KStG in voller Höhe gekürzt. Ein gegen die betroffenen Verlustfeststellungsbescheide (Streitjahr 2016) erhobener Einspruch ruht vor dem Hintergrund des zurzeit vor dem BVerfG anhängigen Verfahrens (Az. 2 BvL 19/17). In diesem Verfahren hat das BVerfG die Frage zu klären, ob § 8c S. 2 KStG i.d.F. des UntStRefG von 2008 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, weil bei einer unmittelbaren Anteilsübertragung von mehr als 50 Prozent innerhalb von 5 Jahren die nicht genutzten Verluste vollständig unberücksichtigt bleiben. Die GmbH beantragte die Aussetzung der Vollziehung der betroffenen Verlustfeststellungsbescheide (Streitjahr 2016). Diese Aussetzung gewährte nun der BFH (BFH-Beschluss vom 12.04.2023, I B 74/22 (AdV)).
Der BFH spricht sich für eine Aussetzung der Vollziehung aus, da ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Norm bestehen. Das BVerfG hatte die für den BFH vergleichbare Norm des ursprünglichen Satzes 1 des § 8c KStG (teilweiser Verlustuntergang bei schädlichen Beteiligungserwerben bis 50 Prozent) mit Beschluss vom 29.03.2017 (2 BvL 6/11) als verfassungswidrig eingestuft. Nach Sicht des BFH sei damit die nach seiner ständigen Rechtsprechung entwickelte Fallgruppe (Überwiegen des Aussetzungsinteresses) eröffnet, bei der das BVerfG eine „ähnliche Vorschrift (bereits) für nichtig erklärt hatte“. In der Interessenabwägung zur Aussetzung der Vollziehung überwiege daher das Aussetzungsinteresse der Betroffenen.
Der Volltext des Beschlusses steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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