Der BFH äußert sich zu der Anwendung des § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG (Rückbezug bei unterjährigem Beteiligungserwerb) bei einem aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang, an dem mehrere Veräußerer beteiligt sind.
Gemäß § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG gilt der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 Prozent als zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt. Dies ist gut für den Steuerpflichtigen. Denn die Vorschrift ermöglicht die Anwendung der Beteiligungsertragsbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG, obwohl die Mindestbeteiligung i.H.v. 10 Prozent zu Beginn des Kalenderjahres tatsächlich nicht vorliegt (§ 8b Abs. 4 Satz 1 KStG). Streitig war nun, ob § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG auch erfüllt ist, wenn der Erwerber mehrere Beteiligungen an einer Gesellschaft von mehreren Veräußerern erwirbt und nur in der Addition der jeweiligen Beteiligungen die Mindestbeteiligung i.H.v. 10 Prozent erreicht wird. Vereinfacht gesprochen: Der Erwerber erwarb von Veräußerer 1 eine Beteiligung i.H.v. 5 Prozent, von Veräußerer 2 eine Beteiligung i.H.v. 4 Prozent und von Veräußerer 3 eine Beteiligung i.H.v. 3 Prozent. Das Hessische FG hatte die Anwendung von § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG in der Vorinstanz bejaht (15.03.2021, 6 K 1163/17) und damit der Auffassung der Finanzverwaltung widersprochen (Oberfinanzdirektion Frankfurt/Main vom 02.12.2013, DB 2014, 329 f. und vom 16.08.2021, DB 2021, 2255).
Der BFH hat die Rechtsauffassung des FG in dem konkreten Fall bestätigt (BFH-Urteil vom 06.09.2023, I R 16/21). Wichtig war dem BFH für seine Entscheidung aber folgender Aspekt: § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG findet in solchen Fällen nur Anwendung, wenn aus Sicht des Erwerbers ein wirtschaftlich einheitlicher Erwerbsvorgang vorliegt. Dies war im Streitfall gegeben. Der Erwerber hatte die Beteiligung aufgrund eines einheitlichen Entschlusses und durch ein einheitliches schuldrechtliches Rechtsgeschäft erworben. Nach den Tatsachenfeststellungen des FG beruhte der Erwerb auf einer einheitlichen notariellen Urkunde sowie auf einem einheitlichen Erwerbsentschluss und erfolgte zu einem einheitlichen Erwerbszeitpunkt.
Die Entscheidung erging mit Blick auf die Besonderheiten des Einzelfalls, nämlich dem einheitlichen wirtschaftlichen Erwerbsvorgang. Ob § 8b Abs. 4 Satz 6 KStG in sonstigen Fällen von mehreren (Teil‑) Erwerben anwendbar sein kann, ließ der BFH ausdrücklich offen.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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