Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, unterliegen auf Antrag einer ermäßigten Einkommensteuer. Für den BFH beginnt der fünfjährige Begünstigungszeitraum mit dem Entstehen der Erbschaftsteuer (regelmäßig dem Ableben des Erblassers).
Begünstigt sind (auf Antrag) nach § 35b Satz 1 EStG einkommensteuerpflichtige Einkünfte, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Hinsichtlich des Beginns des geforderten fünfjährigen Zeitraums ist der Gesetzeswortlaut nicht eindeutig. Mit der Formulierung „der Erbschaftsteuer unterlegen“ kann der Zeitpunkt der Entstehung, aber auch der Zeitpunkt der Festsetzung der Erbschaftsteuer gemeint sein.
Die Bedeutung der Frage zeigt sich im zugrunde liegenden Fall des BFH-Urteils vom 28.11.2023 (X R 20/21). In 2017 wurden KG-Beteiligungen veräußert, die in 2010 aufgrund eines Erbfalls erworben wurden. Die zeitliche Diskrepanz resultierte insbesondere aus der schwierigen Erbenermittlung. Der Erbschein wurde erst sechs Jahre nach Erbfall erstellt. Damit bestand auch erst zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit der Veräußerung. Hinsichtlich der Einkommensteuerveranlagung auf den Veräußerungsgewinn (2017) beantragte der Erbe die Ermäßigung nach § 35b EStG. Diese verneinte der BFH. Laut BFH beginnt der Fünfjahreszeitraum mit Entstehung der Erbschaftsteuer (§ 9 ErbStG), also regelmäßig mit dem Tod des Erblassers. Die in 2017 erfolgte und der Einkommensteuer unterfallende Veräußerung der KG-Beteiligungen lag damit außerhalb des fünfjährigen Zeitraums nach dem Tod des Erblassers (2010). Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO sah der BFH nicht (schon dem Grunde nach kein Anwendungsfall). Auch verfassungsrechtliche Bedenken (weder Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG) aufgrund der sich ergebenden Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer hatte der BFH nicht.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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