Der BFH sieht eine anlässlich der Beendigung eines Mietvertrags vor Überlassung des Mietobjekts geleistete Schlusszahlung als Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz an, die der erweiterten gewerbesteuerlichen Grundstückskürzung unterliegt.
Eigener Grundbesitz i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wird verwaltet und genutzt, wenn er zum Zweck der Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz eingesetzt wird, etwa durch Vermietung und Verpachtung. Für die Gewährung der erweiterten Kürzung ist aus Sicht des BFH dabei nicht maßgeblich, dass der in Rede stehende Gewerbeertrag einkommensteuerlich zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt.
Im Streitfall schloss eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG mit einer GmbH einen Gewerberaummietvertrag über Gebäude und Freiflächen ab, in dem sie sich verpflichtete, das vermietete Areal für die Nutzung umzubauen und nach Fertigstellung für 15 Jahre ohne ordentliches Kündigungsrecht zur Nutzung zu überlassen. Noch vor Übergabe der Mietsache wurde der Mietvertrag einvernehmlich gegen Zahlung eines Geldbetrags aufgehoben. Diese Abschlusszahlung wurde umsatzsteuerlich als Schadensersatz behandelt.
Laut BFH steht der KG die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu (BFH-Urteil vom 25.05.2023, IV R 33/19). Die Begünstigung sei nur ausgeschlossen, sofern die Grenzen zur Gewerblichkeit überschritten würden oder eine kürzungsschädliche Tätigkeit i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG vorliege. Beides verneinte der BFH. Zum einen sah der BFH die Umbaumaßnahmen aufgrund der unmittelbaren Veranlassung durch den Mietvertrag (einheitlicher Vorgang) nicht als gewerbliche (und damit schädliche) Tätigkeit nach § 15 Abs. 2 EStG an.
Zum anderen ordnete der BFH die Schlusszahlung unabhängig von der Bezeichnung als Schadensersatz als Ertrag aus der Fruchtziehung aus eigenem Grundvermögen ein. Rechtsstreitigkeiten seien integraler Bestandteil der Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes und dienen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Grundbesitzes. Dies müsse auch dann gelten, wenn der Mietvertrag noch vor Übergabe der Mietsache einvernehmlich gegen Zahlung eines Geldbetrags aufgehoben werde, denn die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG setzte nicht voraus, dass die Einnahmen nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt unmittelbare Gegenleistung für die Überlassung der Nutzung des Mietobjekts sind (und damit zu Vermietungseinkünften i.S.d. § 21 EStG führen). Zudem erfordere weder der Wortlaut noch der Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, dass die Übergabe des Mietobjekts bereits erfolgt oder der Anspruch auf Zahlung des Mietzinses entstanden ist.
In einem weiteren aktuellen Urteil führt der BFH nochmals aus, dass bei Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG keine ungeschriebene (allgemeine) Geringfügigkeitsgrenze besteht (BFH-Urteil vom 15.06.2023, IV R 6/20, NV).
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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