EuGH zur Quellenbesteuerung von grenzüberschreitenden Dividenden

Die divergierende portugiesische Dividendenbesteuerung von ausländischen und inländischen Organismen für gemeinsame Anlagen (OGA) verstößt laut EuGH gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. 

Der EuGH hatte über portugiesische Regelungen zu entscheiden, die nur bei ausländischen OGA die Besteuerung von Kapitalerträgen mit einer Quellensteuer vorsehen.

Im konkreten Fall handelte es sich um einen nach deutschem Recht gegründeten und steuerbefreiten OGA offenen Typs mit Sitz in Deutschland. Dieser erhielt in den Streitjahren (2015 und 2016) quellensteuerbelastete Dividendenausschüttungen von in Portugal ansässigen Unternehmen. Grundsätzlich erhebt Portugal auf Dividenden, die von einer portugiesischen Gesellschaft an einen ausländischen (nicht in Portugal ansässigen) OGA gezahlt werden, eine Quellensteuer in Höhe von 25 Prozent des Kapitalertrags. Hingegen werden Dividendenzahlungen einer portugiesischen Gesellschaft an einen in Portugal ansässigen OGA nicht der Quellensteuer unterworfen. Die im nationalen Steuerrecht verankerte Quellensteuerbefreiung für an in Portugal ansässige OGA gezahlte Dividenden kam nach portugiesischem Recht im entschiedenen Fall nicht in Betracht, weil der deutsche OGA in Portugal nicht mittels einer Betriebsstätte tätig war. Eine vollständige Erstattung der Quellensteuer aufgrund des DBA mit Portugal war nicht möglich, sondern lediglich eine teilweise Reduktion auf 15 Prozent. Streitig war, ob eine allgemeine steuerliche Gleichbehandlung von ausländischen und inländischen OGA unionsrechtlich geboten ist.

Der EuGH stellt mit Urteil vom 17.03.2022 (C-545/19) fest, dass die unterschiedliche Besteuerung der portugiesischen und der deutschen OGA eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit darstellt, die nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Für den EuGH betrifft die unterschiedliche Behandlung der ausländischen und inländischen OGA Situationen, die objektiv vergleichbar sind. Denn anhand des Unterscheidungskriteriums der portugiesischen Regelung, mit dem allein auf den Ort abgestellt wird, an dem die OGA ansässig sind, lasse sich zwischen der Situation der gebietsansässigen und der Situation der gebietsfremden OGA objektiv kein Unterschied feststellen.

Im Gegensatz zu der Empfehlung der Generalanwältin in ihren Schlussanträgen vom 06.05.2021 sieht der EuGH die divergierende portugiesische Besteuerung der OGA als nicht gerechtfertigt an. Gegen den Rechtfertigungsgrund der Kohärenz des nationalen Steuersystems verweist das Gericht mit Bezug auf seine Rechtsprechung in den Rs. C-338/11 bis C-347/11, Santander Asset Management SGIIC u.a., und C-190/12, Emerging Markets Series of DFA Investment Trust Company, darauf, dass ein auf eine solche Rechtfertigung gestütztes Argument nur dann Erfolg haben kann, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem betreffenden steuerlichen Vorteil und dem Ausgleich dieses Vorteils durch eine bestimmte steuerliche Belastung nachgewiesen wird. Hier hänge die Quellensteuerbefreiung gebietsansässiger OGA in Portugal aber nicht davon ab, dass die OGA die erhaltenen Dividenden weiterleiten und, dass die Dividendenbesteuerung auf der Ebene der Anteilseigner es ermögliche, diese Befreiung vom Steuerabzug auszugleichen. Gegen den Rechtfertigungsgrund der Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten führt der EuGH aus, dass sich der Mitgliedstaat darauf dann nicht berufen könne, wenn er gebietsansässige OGA vom Steuerabzug befreie.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des EuGH zur Verfügung.

Direkt zum Urteil des EuGH kommen Sie hier.

 

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