Der BFH bestätigt die Rechtsprechung des EuGH zum Untergang finaler Verluste einer EU-Freistellungsbetriebsstätte in einem weiteren Fall. Dabei äußert er sich auch zur Auswirkung von Rückfallklauseln auf diese Rechtsprechung.
Mit Verweis auf die Freistellungsmethode und sog. Symmetrietheorie entschied der EuGH im Urteil vom 22.09.2022 (C-538/20, Rs. W), dass die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit dem Untergang der sog. „finalen" Verluste von EU-Freistellungsbetriebsstätten nicht entgegensteht (vgl. Steuernachricht vom 22.09.2022). In seiner Folgeentscheidung vom 22.02.2023 (I R 35/22 (I R 32/18)) schloss sich der BFH der EuGH-Rechtsprechung an und versagte die Berücksichtigung finaler Verluste der EU-Freistellungsbetriebsstätte bei der inländischen Besteuerung (vgl. Steuernachricht vom 27.04.2023). Mit einem weiteren Urteil vom 12.04.2023 (I R 44/22 (I R 49/19, I R 17/16)) bestätigt der BFH diese Rechtsprechung auch für den Fall einer italienischen Freistellungsbetriebsstätte. Dabei ging es im konkreten Fall um die Voraussetzungen einer qualifizierten Rückfallklausel (Streitjahr 2008).
Nach der Rückfallklausel des Abschn. 16 Buchst. d des Protokolls zum DBA-Italien findet die im Art. 24 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 DBA-Italien vereinbarte Freistellung der Unternehmensgewinne im Ansässigkeitsstaat (hier: Deutschland) nur dann Anwendung, wenn sie im Quellenstaat (hier: Italien) effektiv besteuert worden sind. Nach Auffassung des BFH ist diese qualifizierte Rückfallklausel auch auf Verluste anzuwenden. Dabei liege die effektive Besteuerung (jedenfalls) dann vor, wenn die Verluste in die Steuerbemessungsgrundlage im Quellenstaat einbezogen würden und mit positiven Einkünften eines anderen Veranlagungszeitraums ausgeglichen werden könnten. Nicht erforderlich sei dagegen, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich zu einem Verlustausgleich komme.
Nach diesen Grundsätzen lagen die Voraussetzungen der Rückfallklausel nicht vor, d.h. das Besteuerungsrecht war nicht an Deutschland zurückgefallen, da die Verluste in die italienische Bemessungsgrundlage eingingen und eine Verrechnung mit etwaigen Gewinnen in nachfolgenden Veranlagungszeiträumen möglich gewesen wäre. In solchen Fällen bleibe es bei dem auf einem DBA beruhenden symmetrischen Besteuerungsverzicht des Ansässigkeitsstaates (Deutschland) und damit nach den Maßstäben des EuGH bei einer fehlenden Vergleichbarkeit mit Inlandsfällen. Als Folge sei die Berücksichtigung finaler Verluste ausgeschlossen. Dies stellt laut BFH auch keinen Verstoß gegen das unionsrechtliche (Art. 20 der Charta der Grundrechte der EU) oder verfassungsrechtliche (Art. 3 Abs. 1 GG) Gleichbehandlungsgebot dar.
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