Gewerbesteuerliche Hinzurechnung ausländischer Streubesitzdividenden

Der EuGH sieht in der im Erhebungszeitraum 2001 bestehenden unterschiedlichen Ermittlung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage bei in- und ausländischen Streubesitzdividenden keinen Verstoß gegen die unionsrechtlich geschützte Kapitalverkehrsfreiheit. 

Im Jahr 2001 unterlagen ausländische Streubesitz-Dividenden (bereits) der Freistellung nach § 8b Abs. 1 KStG. Demzufolge wurden sie von der Bemessungsgrundlage ausgenommen. Nach dem ebenfalls ab EZ 2001 geltenden § 8 Nr. 5 GewStG werden Dividenden, die nicht in der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage enthalten waren, für Zwecke der Gewerbesteuer wieder hinzugerechnet (vorbehaltlich der Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG, die aber im konkreten Fall nicht erfüllt waren). Entsprechend unterlagen ausländische Streubesitzdividenden nach Hinzurechnung der vollen Gewerbesteuer. Dem gegenüber unterlagen 2001 inländische Dividenden (noch) nicht § 8b Abs. 1 KStG. Folglich mussten diese bei der Gewerbesteuer nicht hinzugerechnet werden, da sie bereits in der (gewerbesteuerlichen) Bemessungsgrundlage enthalten waren.

Der BFH legte mit Beschluss vom 23.11.2021 (I R 5/18) dem EuGH die Frage zur Prüfung vor, ob diese Ungleichbehandlung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) verstößt. Nach dem nun dazu ergangenen EuGH-Urteil verstößt eine daraus resultierende Ungleichbehandlung nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (EuGH-Urteil vom 22.06.2023, C-258/22). Die Kapitalverkehrsfreiheit sei nicht eingeschränkt, wenn bei der Ermittlung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage ausländische Streubesitzdividenden, die in einem vorangegangenen Ermittlungsschritt von der Bemessungsgrundlage zunächst abgezogen wurden, wieder hinzugerechnet werden, während Dividenden die aus vergleichbaren inländischen Beteiligungen von der Bemessungsgrundlage nicht abgezogen und folglich nicht wieder hinzugerechnet werden. Da sie damit im Ergebnis derselben (gewerbe-) steuerlichen Belastung unterlagen, sah der EuGH die Ungleichbehandlung als nicht geeignet an, Steuerpflichtige von Investitionen ihres Kapitals in einem anderen Mitgliedstaat abzuhalten.

Der Volltext des EuGH-Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des EuGH zur Verfügung.

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