Grunderwerbsteuerreform: Erlasse zu den Übergangsregelungen veröffentlicht

Durch die Reform des Grunderwerbsteuergesetzes wurden die Share-Deal-Regelungen mit Wirkung zum 01.07.2021 umfassend geändert. Doch die äußerst komplexen Übergangsregelungen zur Anwendung der geänderten Vorschriften ließen eine Reihe von Anwendungsfragen offen. Dazu äußern sich nun die obersten Finanzbehörden der Länder in ihren gleichlautenden Erlassen. 

Die Reform des Grunderwerbsteuergesetzes, die überwiegend Änderungen im Bereich der Ergänzungstatbestände (sog. Share-Deal Regelungen) betreffen, sind erstmals für Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach Ablauf des 30.06.2021verwirklicht werden. Daneben sieht die Reform einige Übergangsregelungen vor, die u.a. eine Weitergeltung des alten Rechts von § 1 Abs. 2a GrEStG bis zum 30.06.2026 und eine zeitlich unbefristete Anwendung von § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG a.F. anordnen. Die Komplexität der Übergangsnormen führt zu Unsicherheit bei der Anwendung der geänderten Ergänzungstatbestände. Nun haben sich dazu die obersten Finanzbehörden der Länder mit ihren gleich lautenden Erlassen vom 29.06.2021 anhand zahlreicher Beispiele geäußert. Im Ergebnis beinhaltet der Erlass wenig Überraschungen und ist klarstellender Natur.

Für Anteilseignerwechsel an grundbesitzenden Personengesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG sind sämtliche Gesellschafter, die vor dem 01.07.2021 Altgesellschafter nach altem Recht waren, auch Altgesellschafter nach neuem Recht (§ 23 Abs. 19 GrEStG). D.h. Anteilsübergänge auf diese Gesellschafter bleiben unberücksichtigt. Demgegenüber bleiben laut den Erlassen Gesellschafter, die mit Ablauf des 30.06.2021 Neugesellschafter sind, bis zum Ablauf des verlängerten 10-Jahreszeitaums auch Neugesellschafter. Zudem äußern sich die Erlasse zu Änderungen im Gesellschafterbestand einer unmittelbar oder mittelbar am Vermögen der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft. Für solche Änderungen gilt laut den Erlassen rückwirkend die Beteiligungsgrenze von 90 Prozent. Dadurch kann es dazu kommen, dass eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft rückwirkend betrachtet als Neugesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft einzustufen ist (Fiktion). Damit ist die von der Kapitalgesellschaft gehaltene Beteiligung bei der Ermittlung der auf Neugesellschafter übergegangenen Anteile mitzuzählen.

Gemäß § 23 Abs. 20 GrEStG ist bis zum 30.06.2026 § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. (95 Prozent-Grenze und die 5-Jahres-Frist) weiterhin anzuwenden. Von der Weitergeltungsanordnung werden die Fälle erfasst, bei denen durch bis zum 30.06.2021 erfolgte Gesellschafterwechsel mindestens 90 Prozent, aber weniger als 95 Prozent der Anteile an der grundbesitzenden Personengesellschaft übergingen. Weitere Anteilsübergänge nach dem 30.06.2021 sind nicht vom neuen Recht erfasst, da die 90 Prozent-Grenze bereits zuvor erreicht war, sodass das alte Recht weiterhin Anwendung finden soll. Diesbezüglich stellt der Erlass stellt nun klar, dass für den Übergangszeitraum von 5 Jahren das neue Recht stets Vorrang vor dem alten Recht hat.

Für Fälle der Anteilsübertragung oder -vereinigung (§ 1 Abs. 3 GrEStG) und der wirtschaftlichen Beteiligung (§ 1 Abs. 3a GrEStG) sieht das Gesetz ebenfalls eine Weitergeltung des bisherigen Rechts vor, allerdings zeitlich unbegrenzt (§ 23 Abs. 21 und 22 GrEStG). Erfasst werden auch hier Fälle, bei denen der Gesellschafter die Grenze von 95 Prozent nach altem Recht mit Ablauf des 30.06.2021 noch nicht überschritten hat, aber bereits zu mindestens 90 Prozent beteiligt ist oder zumindest einen Anspruch auf eine Beteiligung von mindestens 90 Prozent hat. Laut den Erlassen ist auch hier das alte Recht subsidiär anzuwenden. Das bedeutet, ist das neue Recht einmal zur Anwendung gekommen oder sind nach dem 30.06.2021 die von einem Gesellschafter gehaltenen Anteile unter die 90 Prozent-Grenze gesunken, ist das alte Recht nicht mehr anwendbar.

Für Anteilseignerwechsel an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften i.S.d. § 1 Abs. 2b GrEStG werden gemäß § 23 Abs. 23 GrEStG nur Anteilsübergänge berücksichtigt, die nach dem 30.06.2021 erfolgen. Die Finanzverwaltung erkennt zudem alle mit Ablauf des 30.06.2021 beteiligten Gesellschafter als Altgesellschafter an. D.h. Anteilsübergänge von Gesellschaftern, die bereits mit Ablauf des 30.06.2021 an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft beteiligt waren, bleiben unberücksichtigt unabhängig von der Beteiligungshöhe.

Darüber hinaus äußern sich die Erlasse zur Anwendung der Börsenklausel (§ 1 Abs. 2c GrEStG). Diese ist laut den Erlassen auf alle offenen Fälle anzuwenden ist. D.h. die Börsenklausel gilt auch für bereits vor dem 01.07.2021 verwirklichte Fälle des § 1 Abs. 2a GrEStG.

Nicht geäußert haben sich die Erlasse zu Anwendungsfragen bezüglich der Neueinführung des § 1 Abs. 2b GrEStG. So bleibt offen, ob in Fällen, in denen das Signing bereits vor Ablauf des 30.06.2021 und das Closing erst nach dem 01.07.2021 erfolgt, ein und derselbe Vorgang doppelt besteuert wird.

Auch für die Befreiungsvorschriften nach §§ 5, 6 und 7 GrEStG bestätigt der Erlass den Schutz von einer bereits bestehenden Rechtsposition. Somit sind die verlängerten Fristen nicht anzuwenden, wenn der nach altem Recht maßgebliche Fünfjahreszeitraum zum 01.07.2021 bereits abgelaufen ist. Ist dies nicht der Fall, finden die verlängerten Fristen von 10 bzw. 15 Jahren Anwendung.

Direkt zu den Erlassen kommen Sie hier.

 

Weitere Publikationen von EY
Nutzen Sie unser neues Email Preference Center, um sich für den Erhalt des eNewsletter Tax und anderen Medien zu registrieren oder diese anderen Kolleg:innen zu empfehlen. 

Sind Sie schon registriert? Dann können Sie hier Ihre Präferenzen anpassen.