Kein Ansatz fiktiver Aufschlagsätze

Das FG Nürnberg verneint im Fall einer Montagebetriebsstätte mangels einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte den Ansatz fiktiver Aufschlagsätze. Die klärende Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten.

Für die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte wurde mit § 1 Abs. 5 AStG der sog. Authorised OECD Approach (AOA), welcher eine Selbstständigkeitsfiktion von Betriebsstätten vorsieht, in nationales Recht umgesetzt. Danach ist für Transaktionen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte grundsätzlich der Fremdvergleichsgrundsatz maßgebend. Konkretisiert wird die Norm des § 1 Abs. 5 AStG durch die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV).

In Fällen von Bau- und Montagebetriebsstätten gilt gemäß § 32 BsGaV die Mitwirkung der Betriebsstätte an dem Bau- und Montagevertrag widerlegbar als anzunehmende schuldrechtliche Beziehung. Diese soll als Dienstleistung der Bau- und Montagebetriebstätte gegenüber dem Stammhaus anzusehen sein und regelmäßig nach einer kostenorientieren Verrechnungspreismethode vergütet werden. Das FG Nürnberg hat nun in einem Fall entschieden, dass im konkreten Sachverhalt zwischen Stammhaus und Betriebsstätte kein Ansatz fiktiver Aufschlagsätze zu erfolgen hat, sondern lediglich Kosten erstattet werden sollten. Für das Vorliegen einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung im Sinne des § 1 Abs. 5 AStG (ein sogenanntes „Dealing“) sah das FG keine Anhaltspunkte (Urteil v. 27.09.2022, 1 K 1595/20).

Im konkreten Fall erbrachte eine ungarische Kapitalgesellschaft (Stammhaus) Werkvertragsleistungen an fremde Dritte. Inwieweit die inländische Betriebsstätte der ungarischen Gesellschaft in die Leistungserbringung involviert war, geht aus der Sachverhaltsbeschreibung des FG nicht hervor. Jedoch berechnete die Betriebsstätte offenbar eigene Kosten ohne Aufschlag an das ungarische Stammhaus weiter. Das Finanzamt ging offenbar von einem „Dealing“ zwischen Betriebsstätte und Stammhaus aus und ermittelte den Gewinn der Betriebsstätte nach § 32 BsGaV unter Berücksichtigung eines (fiktiven) Aufschlagsatzes i.H.v. 10 Prozent.

Das FG Nürnberg widersprach dieser Vorgehensweise. Für das Gericht waren keine Anhaltspunkte für eine anzunehmende Leistungsbeziehung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte ersichtlich. Solche seien auch nicht vorgetragen worden. Die Richter behandelten die Zahlungen des ungarischen Stammhauses somit mangels Anwendbarkeit des § 1 Abs. 5 AStG als bloße Kostenerstattungen.

Das Urteil ist unter dem Az. I R 45/22 nun beim BFH anhängig. Dieser wird sich insbesondere zum Verhältnis von § 1 Abs. 5 AStG i.V.m. BsGaV und den allgemeinen Gewinnermittlungsregelungen im deutschen Steuerrecht äußern müssen. In vergleichbaren Fällen sollten Steuerpflichtige die Verfahren offenhalten.