Keine Erbschaftsteuer bei Erwerb von Inlandsvermögen durch ausländischen Vermächtnisnehmer

Auch wenn weder Erblasser noch Erbe in Deutschland ansässig sind, greift die deutsche Erbschaftsteuerpflicht, wenn vom Vermögensanfall auch inländisches Vermögen, etwa eine in Deutschland belegene Immobilie umfasst ist. Unter diese beschränkte Steuerpflicht fällt laut BFH jedoch nicht, wenn nicht das Grundstück selbst, sondern ein Vermächtnis an diesem Grundstück durch den im Ausland ansässigen Erblasser an einen ebenfalls im Ausland ansässigen Vermächtnisnehmer zugewandt wird. Für Erbfälle ab Mitte 2015 ist jedoch die EU-Erbrechtsverordnung zu beachten, die ggf. zu einem anderen Ergebnis führen kann.

Zwar unterliegt der Erwerb durch Vermächtnis grundsätzlich der Erbschaftsteuer. Das Eingreifen der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht (weder Erblasser noch Erbe in Deutschland) setzt jedoch (als Anknüpfungspunkt für den Inlandsbezug) voraus, dass der Erwerb Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG umfasst, § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG. Der Begriff des Inlandsvermögens ist dabei laut BFH abschließend in § 121 BewG normiert. Ausdrücklich genannt ist in § 121 Nr. 2 BewG inländisches Grundvermögen. Die Zuwendung inländischen Grundvermögens ist aus Sicht des BFH jedoch nicht gegeben im Fall eines vermächtnisweisen Anspruchs, da dieser ein bloßer schuldrechtlicher Anspruch ist (sog. „Sachleistungsanspruch“). Schließlich, so der BFH, sei auch denkbar, dass der Anspruch auf die Eigentumsübertragung niemals vollzogen würde. Auch eine (ergänzende) Auslegung gegen den insoweit klaren Gesetzeswortlaut sieht der BFH nicht. Daher fällt laut BFH ein schuldrechtlicher Anspruch nicht unter den Begriff des Inlandsvermögens des § 121 BewG. Das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück unterliegt daher nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht (BFH, Urteil vom 23.11.2022, II R 37/19).

Abzuwarten bleibt nun, ob und wie die Finanzverwaltung oder ggf. auch der Gesetzgeber auf diese Auslegung der Norm des § 121 BewG durch den BFH reagiert. Für nach dem 17.08.2015 eintretende Erbfälle ist zudem die EU-Erbrechtsverordnung (EU Nr. 650/2012) zu beachten, wonach dinglich wirkende Vermächtnisse in den Erbrechtsordnungen anderer Mitgliedstaaten (etwa in Polen) auch als solche im Inland anzuerkennen sind.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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