Keine Erbschaftsteuerpause wegen verspäteter gesetzlicher Neuregelung

Die Regelungen des ErbStG betreffend den Erwerb von Privatvermögen sind laut BFH zeitlich lückenlos auf sämtliche Erbfälle anzuwenden. Daran ändere auch die durch das ErbStAnpG 2016 verspätet eingeführte rückwirkende Neuregelung nichts.

Im Urteilsfall war streitig, ob in der Zeit vom 01.07.2016 bis zum 09.11.2016 ein wirksames ErbStG bestanden hat, oder ob die Festsetzung von Erbschaftsteuer in diesem Zeitraum unzulässig ist, da der Gesetzgeber nicht – wie vom BVerfG gefordert – eine Neuregelung bis zum 30.06.2016, sondern erst mit Gesetz vom 09.11.2016 (ErbStAnpG 2016, BGBl. I 2016, S. 2464) rückwirkend auf den 01.07.2016 getroffen hatte.

Der BFH schließt sich mit Urteil vom 06.05.2021 (II R 1/19) der Auffassung der Finanzverwaltung an und bestimmt, dass es betreffend den Erwerb von Privatvermögen zu keiner „Erbschaftsteuerpause“ gekommen sei, sondern die Regelungen des ErbStG lückenlos anwendbar waren. Da die Fortgeltungsanordnung vom BVerfG für den BFH unbefristet ausgesprochen wurde, ändere es nichts an deren Wirksamkeit, wenn die Neuregelung pflichtwidrig nicht oder verspätet geschaffen wird. Diese Auslegung stehe auch mit dem Sinn und Zweck der Fortgeltungsanordnung in Einklang, nämlich dass diese verhindern sollte, dass eine regellose Übergangszeit bis zur Neugestaltung der Bestimmungen bestehe, in der Erb- und Schenkungsfälle steuerrechtlich nicht abgewickelt werden können.

Insoweit konnte es auch dahinstehen, ob das BVerfG nur die Regelungen über den Erwerb von Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG, § 13b ErbStG 2008 i.V.m. der Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG 1997 für verfassungswidrig erklären wollte und § 19 Abs. 1 ErbStG 1997 für den Übergang von Privatvermögen schon deshalb zeitlich lückenlos anwendbar war oder ob das BVerfG auch die übrigen auf den Erwerb von Privatvermögen anwendbaren Regelungen des ErbStG für verfassungswidrig erklärt hat.

Weiter seien die betreffend den Erwerb von Privatvermögen angewendeten Normen des ErbStG (§§ 1, 2, 3, 9 ff., 13, 16, 19 ErbStG) gar nicht rückwirkend auf den 01.07.2019 geändert worden, sondern blieben unverändert erhalten. Denn der Gesetzgeber habe mit dem ErbStAnpG 2016 lediglich die den Übergang von Betriebsvermögen betreffenden Regelungen des ErbStG neu geregelt und auch nur insoweit eine Rückwirkung angeordnet. Im Urteilsfall konnte es der BFH demnach auch dahinstehen lassen, ob er die vom Gesetzgeber bestimmte Rückwirkung für verfassungsrechtlich zulässig hält.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.

Weitere Publikationen von EY
Nutzen Sie unser neues Email Preference Center, um sich für den Erhalt des eNewsletter Tax und anderen Medien zu registrieren oder diese anderen Kolleg:innen zu empfehlen. 

Sind Sie schon registriert? Dann können Sie hier Ihre Präferenzen anpassen.