In einer aktuellen Entscheidung führt der BFH seine bisherige Rechtsprechung zum Vorliegen von fiktivem Anlagevermögen fort und verneint nun erstmalig die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Messekosten.
Im konkreten Fall war ein Produktionsunternehmen betroffen, das seine Produkte (hier: Maschinen) durch ein stehendes Händlernetz vertrieb (kein Direktvertrieb). Das Unternehmen mietete auf verschiedenen turnusmäßig stattfindenden Messen Ausstellungsflächen an und präsentierte dort seine Produkte. Streitig war die Hinzurechnung von Aufwendungen für die Anmietung von Messestandflächen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG.
Der BFH hat entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Messekosten verneint (Beschluss vom 23.03.2022, III R 14/21). Ausgehend von seiner bisherigen Rechtsprechung zum Vorliegen von fiktivem Anlagevermögen (Berücksichtigung des jeweiligen konkreten Geschäftsgegenstands, Orientierung an speziellen betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen) war für den BFH entscheidend, ob der Geschäftszweck des Unternehmens das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter (d.h. hier Messestandflächen) für den Gebrauch in seinem Betrieb voraussetzt.
Dabei untersuchte der BFH die Bedeutung der Messepräsenz innerhalb des von dem Unternehmen praktizierten Vertriebssystems. Demnach lag im zugrundeliegenden Fall kein fiktives Anlagevermögen vor. Denn das Unternehmen war unter Berücksichtigung des Geschäftsgegenstands (Betreiben eines Produktionsunternehmens), der Vertriebsstruktur und der bestehenden anderweitigen Werbemöglichkeiten auf die ständige Verfügbarkeit von Messestandflächen nicht angewiesen. Die Messebesuche waren damit für den Verkauf der Produkte des Unternehmens zwar förderlich, aber nicht betriebsnotwendig. Nicht entscheidend war für den BFH, dass die Messebesuche eigenen Werbezwecken des Unternehmens dienten.
Dabei nahm der BFH eine Abgrenzung zur Messedurchführungsgesellschaft (BFH-Urteil vom 25.10.2016, I R 57/15) sowie zum Konzertveranstalter (BFH-Urteil vom 08.12.2016, IV R 24/11) vor. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung war die konkrete Konstellation mit dem Geschäftsmodell einer Messedurchführungsgesellschaft oder eines Konzertveranstalters nicht vergleichbar und die Aufwendungen für die Anmietung von Messestandflächen im Ergebnis nicht nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG hinzuzurechnen.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.
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