Die Einigung der Koalitionsspitzen auf den Regierungsentwurf für einen Bundeshaushalt 2025 vom 05.07.2024 umfasst auch die Ankündigung einer Reihe von steuerlichen Entlastungsmaßnahmen sowie von weiteren Maßnahmen im Rahmen einer sog. Wachstumsinitiative. Genannt werden u.a. der Abbau der kalten Progression, verbesserte Abschreibungen, eine erneute Ausweitung der Forschungszulage sowie die Verlängerung der Stromsteuerentlastung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes.
In ihrem Einigungspapier zählen die Koalitionsspitzen insgesamt 49 Punkte auf, mit denen sie der deutschen Wirtschaft Impulse für eine stärkere wirtschaftliche Dynamik geben wollen. Als steuerliche Maßnahmen sind laut dem Papier geplant:
- Kalte Progression: Anpassung der Tarifeckwerte in der Einkommensteuer für die Jahre 2025 und 2026. Hierzu liegt mittlerweile der Entwurf des Zweiten Jahressteuergesetzes 2024 vor.
- Ausweitung der maximalen Bemessungsgrundlage der Forschungszulage um weitere zwei Millionen auf 12 Millionen Euro.
- Verlängerung der degressiven AfA bis 2028 und Anhebung des Satzes von aktuell 20 auf 25 Prozent.
- Reform des Sammelabschreibungen (Pool-Abschreibung), insbesondere Anhebung der Wertgrenze auf 5.000 Euro. Rückwirkend zum 01.07.2024 (bis Ende 2028 befristet) Einführung einer Sonderabschreibung für neu zugelassene vollelektrische und vergleichbare Nullemissionsfahrzeuge.
- Erhöhung des Deckels für den Brutto-Listenpreis von 70.000 Euro auf 95.000 Euro bei der Dienstwagenbesteuerung für E-Fahrzeuge (Ansatz von 0,25 Prozent).
- Steuerliche Gleichstellung von ausschließlich mit E-Fuels betriebenen Kraftfahrzeugen mit vollelektrischen Fahrzeugen, insbesondere bei der KfZ-Steuer und der Dienstwagenbesteuerung.
- Stromsteuer: Für den jetzigen Begünstigtenkreis dauerhafte Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Minimum von 0,50 Euro/MWh (0,05 ct/kWh). Gemeint ist hiermit offenbar die derzeit bis Ende 2025 befristete erhöhte Stromsteuerentlastung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes nach § 9b StromStG.
- Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgehen, sollen steuer- und beitragsfrei gestellt werden. Als Vollzeitarbeit soll dabei für tarifliche Regelungen eine Wochenarbeitszeit von mindestens 34 Stunden, für nicht tariflich festgelegte oder vereinbarte Arbeitszeiten von 40 Stunden angenommen werden
- Einführung eines steuerlichen Anreizes zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten. Ggf. von einem Arbeitgeber gezahlte Prämien für die Ausweitung der Arbeitszeit sollen steuerlich begünstigt werden
- Überführung der Lohnsteuerklassenkombination III/V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV. Hierzu liegt mittlerweile der Entwurf des Zweiten Jahressteuergesetzes 2024 vor.
- Für neu zugewanderte Fachkräfte soll innerhalb noch zu bestimmender Bruttolohngrenzen in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 Prozent vom Bruttolohn steuerfrei gestellt werden.
- Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen von VC-Investments, insbesondere durch Anpassungen bei der Besteuerung von Investitionen in gewerbliche Personengesellschaften durch Fonds, die unter das Investmentsteuergesetz fallen, sowie mit Anpassungen bei der Besteuerung von Gewinnen aus Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, wenn diese reinvestiert werden („Roll-Over“).
- Aufhebung des Betriebsausgabenabzugsverbots der Bankenabgabe (diese Maßnahme ist bereits im Referentenentwurf des Restrukturierungsfonds-Übertragungsgesetzes enthalten).
- Prüfung der für den 12.07.2024 angekündigten Vorschläge der Experten-Kommissionen „Vereinfachte Unternehmenssteuer“ und „Bürgernahe Einkommensteuer“ und ggf. noch Umsetzung im Jahr 2024 in einem Gesetzesvorhaben.
Als weitere Maßnahmen kündigt die Bundesregierung u.a. an:
- Erstellung eines ersten Jahres-Bürokratieentlastungsgesetzes in Ergänzung zum Vierten Bürokratieentlastungsgesetz.
- Erhöhung der Schwelle, ab der Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten bestellen müssen, von derzeit 20 auf 50 Mitarbeitende.
- Noch in dieser Legislaturperiode soll das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) 1:1 an die Vorgaben der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) angepasst werden. Damit sollen anfangs weniger als 1.000 Unternehmen vom LkSG direkt erfasst sein.
- Das Vergaberecht soll vereinfacht werden, z.B. durch die Erhöhung von Direktauftragsgrenzen. In diesem Zusammenhang sollen Tarifverträge zur Bedingung bei Ausschreibungen gemacht werden.
- Abschaffung des Vorbeschäftigungsverbots bei Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Altersrente hat und die sachgrundlose Befristung die Gesamtdauer von acht Jahren oder die Anzahl von zwölf Vertragsbefristungen nicht übersteigt.
- Einführung einer (wie im Koalitionsvertrag vorgesehen) neuen Rechtsform für „Unternehmen mit gebundenem Vermögen“.
- Verlängerung der bis 2028 befristeten Strompreiskompensation bis 2030 und Prüfung von Maßnahmen zur Stabilisierung der Netzentgelte.
- Ausweitung von Arbeitsmöglichkeiten und Anreize zur Beschäftigung Älterer.
- Vereinfachung, Stärkung und Beschleunigung der Verfahren bei der Einwanderung von Fachkräften.
Die Maßnahmen der Wachstumsinitiative sollen gemeinsam mit dem Bundeshaushalt am 17.07.2024 oder später im zweiten Halbjahr 2024 von der Bundesregierung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden.
Da die steuerlichen Maßnahmen der Wachstumsinitiative mit Ausnahme der Entfristung der Stromsteuerentlastung die Finanzen der Länder betreffen, ist die Ampelkoalition für gesetzgeberische Anpassungen auf die Zustimmung des Bundesrats angewiesen. Ob die Länder bereit sind, für die Wachstumsinitiative in signifikantem Umfang auf Steueraufkommen zu verzichten, muss aus heutiger Sicht zumindest als fraglich bezeichnet werden. In einer vergleichbaren Situation hatten die Länder den Umfang des Wachstumschancengesetzes in einem Vermittlungsverfahren deutlich reduziert.
Der Volltext der Wachstumsinitiative (05.07.2024) steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung. Direkt zur Wachstumsinitiative (05.07.2024) kommen Sie hier.
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