Das FG Münster entschied in zwei Urteilen zum Nachweis einer kürzeren Rest-Nutzungsdauer für AfA-Zwecke bei Gebäuden. Nach Auffassung des FG ist entgegen der Finanzverwaltungsmeinung ein Verkehrswertgutachten mit Ermittlung der Rest-Nutzungsdauer nach ImmoWertVO durchaus ausreichend.
Nachdem die angedachte Streichung des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG (Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer) im Gesetzgebungsverfahren des JStG 2022 gescheitert war, reagierte das BMF mit einem Schreiben vom 22.02.2023 (vgl. Steuernachricht vom 23.02.2023). Hierin formulierte die Finanzverwaltung mitunter strenge Anforderungen an ein Gutachten zur Feststellung der kürzeren Rest-Nutzungsdauer. U.a. erläuterte das Schreiben, dass die Übernahme einer angegebenen Rest-Nutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten oder die Verwendung der Modelle bzw. Modellansätze der ImmoWertV nicht ausreiche.
Das FG Münster entschied mit Urteilen vom 14.02.2023 (1 K 3840/19 F und 1 K 3841/19 F), dass der Beweis einer verkürzten Rest-Nutzungsdauer durch gutachterliche Bestätigung auch durch ein Verkehrswertgutachten erbracht werden kann, in dem die Restnutzungsdauer nach der Immobilienwertverordnung (ImmoWertVO) berechnet wird. Nach Auffassung des FG steht den Steuerpflichtigen nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 28.07.2021 (IX R 25/19) ein Wahlrecht zu, sich mit den gesetzlich typisierten AfA-Sätzen zufriedenzugeben oder eine tatsächlich kürzere Rest-Nutzungsdauer geltend zu machen und darzulegen. Eine dargelegte Schätzung ist dabei nur dann zu verwerfen, wenn sie eindeutig außerhalb eines angemessenen Schätzungsrahmens liegt. Dabei kann die o.g. Gebäudesachwertermittlung herangezogen werden.
Die FG-Entscheidungen unterstützen damit Steuerpflichtige, die sich gegen die von der Finanzverwaltung geforderten Hürden wehren möchten. Sie relativieren damit die strengen Anforderungen aus dem BMF-Schreiben vom 22.02.2023 an den Nachweis einer kürzeren Immobiliennutzungsdauer.
Den Volltext der FG-Urteile finden Sie auf der Internetseite des FG Münster.
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