Der BFH äußert sich in zwei Fällen mit der Schweiz zum Rangverhältnis der Verordnung zur Umsetzung der Konsultationsvereinbarung und dem Doppelbesteuerungsabkommen. Die Vorschriften der Konsultationsvereinbarungsverordnung verstoßen laut BFH gegen Art. 20 Abs. 3 GG.
In beiden Urteilsfällen vom 30.09.2020 war strittig, ob Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aufgrund des geltenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz der inländischen Besteuerung unterlagen.
Im Sachverhalt I R 60/17 hatte der BFH zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer einer schweizerischen Kapitalgesellschaft als leitender Angestellter i.S.d. Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/2010 tätig war. Aufgrund der Eintragung der Vollmacht „Kollektivunterschrift zu zweien“ ohne Funktionsbezeichnung im Handelsregister, wie es § 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV fordert, verneinte das Finanzamt das Erfüllen der Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/2010. In Folge unterwarf es den erzielten Arbeitslohn der inländischen Besteuerung.
Im Urteilsfall I R 37/17 verneinte das Finanzamt wegen Überschreitens der Nichtrückkehrtage die Grenzgängereigenschaft gemäß Art. 15a DBA-Schweiz 1971/2002 i.V.m. § 8 KonsVerCHEV eines in Deutschland ansässigen Arbeitnehmers einer schweizerischen Kapitalgesellschaft. § 8 KonsVerCHEV regelt, dass bei mehrtägigen Geschäftsreisen alle Wochenend- und Feiertage als Nichtrückkehrtage angesehen werden, wenn der Arbeitgeber die Reisekosten trägt (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KonsVerCHEV) und, dass eintägige Geschäftsreisen ins Drittland nicht zu den Nichtrückkehrtagen zählen werden (§ Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV).
Der BFH bestätigt nun seine Rechtsprechung, dass durch die im Rang einer Rechtsverordnung stehende Konsultationsvereinbarungsverordnung keine Regelung getroffen werden kann, die dem im Rang eines Gesetzes stehenden DBA-Schweiz widerspricht oder dessen Lücken ergänzt (BFH-Urteil vom 10.06.2015, I R 79/13). Vielmehr ist laut BFH die "Grenzmarke" des Wortlauts des Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/2010 bzw. Art. 15a DBA-Schweiz 1971/2002 zu beachten. Mit anderen Worten: Entscheidend für den BFH ist die Grenze, ab welcher die betreffende Regelung in der Vereinbarung noch vom Wortlaut des DBA gedeckt ist oder nicht. In den konkreten Streitfällen gelangte der BFH zu dem Ergebnis, dass sowohl § 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2 KonsVerCHEV als auch § 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV nicht vom Wortlaut gedeckt waren und daher gegen den Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) verstoßen. Im Ergebnis hat der BFH diese als unwirksam verworfen.
Der Volltext des Urteils I R 37/17 steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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Der Volltext des Urteils I R 60/17 steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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