Zuflussfiktion bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern

Bei der Behandlung nicht ausgezahlter Tantiemen bleibt der BFH bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bei seiner Zuflussfiktion. Hinsichtlich des (Nicht-)Erfordernisses der Passivierung der Verbindlichkeit widerspricht er dem BMF, weist aber wegen fehlender Prüfung eines möglichen Zuflusses aufgrund einer verdeckten Einlage an die Vorinstanz zurück.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann ein Zufluss von Vermögensvorteilen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern auch ohne Zahlung oder Gutschrift bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit vorliegen (sog. Zuflussfiktion). Denn ein beherrschender Gesellschafter habe es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist. Die Fälligkeit des Anspruchs tritt grundsätzlich erst mit Feststellung des Jahresabschlusses ein, soweit nichts Abweichendes zivilrechtlich wirksam und fremdüblich im Anstellungsvertrag vereinbart wurde.

Im zugrunde liegenden Fall des BFH-Urteils vom 05.06.2024 (VI R 20/22) sollte der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH neben seinem monatlichen Gehalt Tantiemen erhalten. Diese wurden in den Streitjahren weder ausgezahlt noch hatte die GmbH entsprechende Passivposten in ihren Jahresabschlüssen gebildet. Der BFH verneinte mangels Passivierung der Verbindlichkeit die Fälligkeit der Tantiemeforderungen. Unerheblich sei, ob die dahingehenden Verbindlichkeiten nach den GoB hätten passiviert werden müssen. Ein Pflichtenverstoß gegen die GoB könne die Fälligkeit einer im Jahresabschluss nicht enthaltenen Forderung nicht begründen. Insoweit sei auch der Grund für die fehlende Passivierung ohne Bedeutung. In diesem Punkt widerspricht der BFH dem BMF. Laut BMF ist eine gewinnmindernde Auswirkung, z.B. durch Bildung einer Verbindlichkeit, für die Anwendung der sog. Zuflussfiktion unerheblich, sofern eine solche Verbindlichkeit nach den GoB hätte gebildet werden müssen (vgl. BMF-Schreiben vom 12.05.2014).

Der BFH wies die Entscheidung jedoch an die Vorinstanz zurück. Das FG habe nicht hinreichend geprüft, ob dem Gesellschafter-Geschäftsführer die Forderungswerte der Tantiemeansprüche zugeflossen sind, weil er durch einen Verzicht auf seine Tantiemeansprüche eine verdeckte Einlage in die GmbH erbracht hat. Das FG habe zu prüfen, ob die fehlende Auszahlung und Passivierung der Verbindlichkeiten durch die GmbH auf einer einvernehmlichen Aufhebung der Tantiemezusage vor Entstehung der Ansprüche zum jeweiligen Jahresende oder auf einem Verzicht des Klägers auf die bereits entstandenen Ansprüche beruht. Nur in letzterem Fall erbringe der Geschäftsführer insoweit, als seine Forderung im Zeitpunkt des Verzichts werthaltig ist, eine bei ihm zum Zufluss führende verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft (vgl. insoweit auch BMF-Schreiben vom 12.05.2014).

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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