BFH zur Höhe der Werbungskosten/steuerfreien Erstattung
Bei Entsendungen ins Ausland fallen häufig hohe Kosten für die Zweitwohnung im Ausland an, die der Arbeitgeber ganz oder teilweise übernimmt. Liegen grundsätzlich die Voraussetzungen für eine doppelte Haushaltsführung vor, stellt sich die Frage, inwieweit diese Wohnungskosten steuerfrei erstattet oder als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Ein neu veröffentlichtes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) könnte hier richtungsweisend sein (Urteil vom 17.06.2025, VI R 21/23). Es betrifft zwar einen in einer ausländischen Botschaft tätigen Beamten, doch die Grundsätze des Urteils dürften weitgehend auch auf die Privatwirtschaft übertragbar sein.
Arbeitsrechtliche Einordnung
Für Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer, die ins Ausland entsandt sind, bestehen keine arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die eine bestimmte Wohnungsgröße/-lage oder die Finanzierung einer Wohnung regeln. Maßgeblich hierfür sind in der Praxis interne Entsenderichtlinien, Betriebsvereinbarungen oder individuelle Entsendeverträge, aus denen sich Ansprüche des Entsandten auf Zuschüsse, auf die Übernahme der Mietkosten und/oder Maklergebühren oder auch auf eine in bestimmter Weise definierte Wohnmöglichkeit für ihn und ggf. seine Familie ergeben.
Im Gegensatz dazu gibt es – wie im o. g. Fall – bei Beamten gesetzliche Regelungen zu Mietzuschüssen gem. §§ 52, 54 Bundesbeamtenbesoldungsgesetz (BBesG), die als Teil der Auslandsdienstbezüge gelten. Ein solcher Zuschuss wird ab einer bestimmten Miethöhe für den als „notwendig“ anerkannten Wohnraum gezahlt. Was unter „notwendig“ in diesem Sinne zu verstehen ist, kann von dem Erfordernis einer konkreten individuellen Bewertung, aber auch von typisierenden Regelungen wie dem vom Auswärtigen Amt festgelegten Mietleitfaden abhängig sein. Nur der Anteil der Wohnung wird in die Berechnung einbezogen, der als notwendig anerkannt ist.
Alternativ besteht im Beamtenrecht außerdem die Möglichkeit der Zuweisung einer Dienstwohnung (im Ausland) durch den Dienstherrn, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern. Eine solche Weisung ist ein Verwaltungsakt, gegen den der Beamte sich nur mit Widerspruch und Anfechtungsklage wehren kann. Im Fall einer solchen Zuweisung erhält der Beamte keinen Mietzuschuss, es handelt sich vielmehr um einen Sachbezug i. S. d. § 10 BBesG.
Wohnungskosten bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland
Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes der ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt. Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland greift weder die Begrenzung der abzugsfähigen Unterkunftskosten auf 1.000 Euro monatlich noch die auf die Durchschnittsmiete für eine 60-m2-Wohnung am Beschäftigungsort (BFH-Urteil vom 09.08.2023, VI R 20/21). Es kommt nur darauf an, ob die Kosten nach objektiven Maßstäben notwendig und angemessen sind. Im damaligen Streitfall hatte der Dienstvorgesetzte dem Steuerpflichtigen eine Wohnung (nach § 72 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes) zugewiesen. Daraus folgt laut BFH, dass die vom Steuerpflichtigen zu tragenden Unterkunftskosten für die zugewiesene Dienstwohnung nach objektiven Maßstäben in voller Höhe notwendig waren.
Urteilsfall: 200-m2-Wohnung im Ausland
Ein im Auswärtigen Amt tätiger Beamter des höheren Dienstes war 2015 (Streitjahr) in einer deutschen Botschaft im Ausland tätig. Er war verpflichtet, in seinen Privaträumen auch repräsentative Aufgaben zu erfüllen und gesellschaftliche Kontakte zu pflegen. Laut Mietleitfaden betrug die für berufliche und private Zwecke notwendige Wohnfläche eines Ledigen 140 m2. Die im Ausland angemietete Wohnung hatte zwar eine Wohnfläche von 200 m2, doch die Miete lag nicht über dem Niveau für nach dem Mietleitfaden angemessene Wohnungen. Bei der Bestimmung der Höhe des Mietkostenzuschusses von 8.790 Euro wurden daher die vollen Kosten als notwendig anerkannt.
Finanzamt kürzt Aufwendungen
Der Beamte unterhielt auch in Deutschland einen eigenen Hausstand und setzte die Aufwendungen für die Wohnung im Ausland als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung an. Das Veranlagungsfinanzamt erkannte die Wohnungskosten in Höhe von 20.400 Euro nur insoweit an, als sie auf 140 m2 entfielen. Außerdem verringerte es die entsprechenden Werbungskosten um den Mietzuschuss und kürzte sie zusätzlich (anteilig) wegen der steuerfreien Auslandszulagen, die der Kläger erhalten hatte (§ 3c Abs. 1 EStG). Der hiergegen eingelegte Einspruch und die Klage vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg blieben ohne Erfolg.
BFH widerspricht Finanzverwaltung und FG
Der BFH hat dagegen der Klage stattgegeben und entschieden, dass lediglich der Mietzuschuss von den Unterkunftskosten abzuziehen ist. Damit hat es insbesondere der Begrenzung des Werbungskostenabzugs auf 140 m2 eine Absage erteilt.
Nach Auffassung des BFH ist für die steuerliche Anerkennung der Unterkunftskosten nur maßgeblich, in welcher Höhe sie bei der Ermittlung des Mietzuschusses als notwendig berücksichtigt werden. Für die Höhe des Mietzuschusses ist entscheidend, ob bzw. inwieweit der Wohnraum statusgerecht, personengerecht, angemessen und preisgünstig ist. Im Streitfall hatte das Auswärtige Amt die gesamten Kosten der Wohnung als notwendig anerkannt.
Steuerfreie Auslandszulagen können grundsätzlich dazu führen, dass Werbungskosten (anteilig) nicht abzugsfähig sind. Eine zusätzliche Kürzung wegen des allgemeinen Auslandszuschlags kommt jedoch laut BFH im Streitfall nicht in Betracht, da er in keinem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Wohnungskosten steht.
Fazit
Beamte
Grundsätzlich gilt: Wenn
- im Ausland eine doppelte Haushaltsführung vorliegt und
- der Dienstvorgesetzte dem Steuerpflichtigen eine Wohnung (nach § 72 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes) zuweist oder
- der Dienstherr den vollen Mietzuschuss gewährt,
sind die nach Abzug eines eventuellen Mietzuschusses verbleibenden Unterkunftskosten für den Zweitwohnsitz an der ersten Tätigkeitsstätte in voller Höhe abzugsfähig.
Allerdings erhalten Beamte einen höheren Mietzuschuss, wenn sie die Familie ins Ausland begleitet. Fraglich ist, ob der BFH auch in diesem Fall die gesamten Unterkunftskosten als notwendig und angemessen beurteilt, wenn der Mietzuschuss für die gesamten Kosten gewährt wird. Es ist anzunehmen, dass die Finanzverwaltung diese Sichtweise ablehnt.
Arbeitnehmer
Dass die Finanzbehörde den vollen Werbungskostenabzug für die Kosten des Zweitwohnsitzes im Ausland allein deshalb akzeptieren wird, weil der Arbeitgeber die volle Miete bei der Bemessung einer Zulage für die Wohnung berücksichtigt hat, ist zu bezweifeln. Doch sollte es unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten ausreichen, wenn der Arbeitgeber die Gewährung der Auslandszulage für die Zweitwohnung auf vergleichbare Weise wie das Auswärtige Amt prüft. Der Arbeitgeber kann die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung steuerfrei erstatten, soweit der als Werbungskosten abzugsfähige Betrag nicht überschritten wird (§ 3 Nr. 13 oder 16 EStG, R 9.11 Abs. 10 Satz 2 LStR).