Was zunächst futuristisch anmuten mag, war jedoch in global agierenden Unternehmen schon weit vor der Pandemie gelebte Realität. Zentralisierung von Unternehmensfunktionen, virtuelle Geschäftsführung und Zusammenarbeit entlang funktionaler Berichtslinien und in globalen Teams gehören bereits seit Jahren zum Standard.
Warum also die zum Teil schon gelebte globale Zusammenarbeit nicht noch intensivieren und auch auf die neue Arbeitswelt oder zum globalen Recruiting nutzen? Dies ist technisch problemlos möglich, steuerlich allerdings zumindest herausfordernd.
Die Grundlagen
Bei der Lohnsteuer handelt es sich grundsätzlich um eine Erhebungsform der Einkommensteuer auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daher werden die steuerlichen Folgen in erster Linie aus Sicht der persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers betrachtet. Für das Unternehmen selbst stellt die Lohnsteuer lediglich einen durchlaufenden Posten dar, ohne Auswirkungen auf die Gewinnermittlung. Dennoch haftet der Arbeitgeber auch international regelmäßig für nicht oder nicht korrekt angemeldete und abgeführte Steuerbeträge.
Im Zusammenhang mit konzerninterner grenzüberschreitender Zusammenarbeit stellen sich unter einkommen- und lohnsteuerlichen Gesichtspunkten insbesondere zwei Fragen:
- Welchem der beteiligten Staaten ist das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Arbeitseinkommens zuzuweisen?
- Welche (lohn)steuerlichen Verpflichtungen ergeben sich daraus für den Arbeitgeber?
Grundsatz: Besteuerung im Ansässigkeitsstaat
Unter der Voraussetzung, dass zwischen den jeweils beteiligten Staaten ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, steht das Recht zur Besteuerung des gesamten Arbeitslohns grundsätzlich dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zu.
Ist im Ansässigkeitsstaat des Mitarbeiters zudem nach nationalen Vorschriften ein lohnsteuerlicher Arbeitgeber vorhanden, hat dieser die entsprechenden Verpflichtungen zu erfüllen und eine korrekte Abführung zu gewährleisten.
Liegt im Ansässigkeitsstaat kein lohnsteuerlicher Arbeitgeber vor, beispielsweise weil der Mitarbeiter bei einer Gesellschaft im Ausland angestellt ist, hat der betroffene Beschäftigte seine persönliche Steuerpflicht regelmäßig und ausschließlich über seine Einkommensteuerdeklaration und eine entsprechende Einkommensteuerzahlung zu erfüllen.
Tätigkeitsstaatsprinzip
Geht der Arbeitnehmer neben dem Ansässigkeitsstaat oder an dessen Stelle physisch in einem anderen Staat einer Tätigkeit nach, zum Beispiel im Rahmen von Dienstreisen, stellt sich die Frage, ob der andere Tätigkeitsstaat ebenfalls einen Teil des Arbeitslohns besteuern darf.
In der Regel werden Arbeitnehmer nach nationalem Recht des Tätigkeitsstaates ab dem ersten physisch verbrachten Arbeitstag mit ihrem darauf entfallenden Arbeitslohn steuerpflichtig. Die Frage ist nun, ob der Tätigkeitsstaat auch nach Maßgabe des Abkommens das Besteuerungsrecht innehat. Dies ist dann der Fall, wenn (mindestens) eine der folgenden drei Voraussetzungen erfüllt ist:
- Der Mitarbeiter überschreitet 183 physische Anwesenheitstage (Musterabkommen) im 12-Monats-Zeitraum/Kalenderjahr/Steuerjahr im Tätigkeitsstaat.
- Der Mitarbeiter ist für einen (wirtschaftlichen) Arbeitgeber mit Sitz im Tätigkeitsstaat tätig und sein Gehalt wird von diesem getragen (oder hätte getragen werden müssen).
- Der Mitarbeiter ist für eine Betriebsstätte des Arbeitgebers im Tätigkeitsstaat tätig oder begründet diese sogar selbst, zudem wird sein Gehalt von dieser getragen (oder hätte getragen werden müssen).
Ist mindestens eine der drei Voraussetzungen erfüllt, steht dem Tätigkeitsstaat ab dem ersten physisch verbrachten Arbeitstag das Recht zur Besteuerung des auf diesen Staat entfallenden Arbeitslohns zu. In den meisten Fällen folgt daraus auch eine entsprechende Arbeitgeberverpflichtung zum Lohnsteuereinbehalt.
(Wirtschaftlicher) Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat
Während die Überschreitung der 183 Tage noch einfach auszuzählen und zu dokumentieren ist, stellt die Definition des Arbeitgebers eine weit größere Herausforderung dar.
Grundsätzlich folgt das Steuerrecht hierbei dem „Substance over form“-Gedanken. Es geht in diesem Zusammenhang nicht primär um die zivilrechtliche Arbeitgeberdefinition, sondern es soll vor allem der wirtschaftlichen Betrachtung Rechnung getragen und der Arbeitnehmer dem Unternehmen zugeordnet werden, in dessen Interesse er tätig ist.
Neben den formell im Arbeitsvertrag definierten Zuordnungen stehen wirtschaftlich zwei Kernkriterien im Fokus: die Weisungsgebundenheit gegenüber der Konzerngesellschaft im Tätigkeitsstaat und die Eingliederung in sie. Vereinfacht ausgedrückt: Welche Gesellschaft trägt Kosten, Nutzen und Risiko in Bezug auf den Mitarbeiter?
Befindet sich der wirtschaftliche Arbeitgeber im Tätigkeitsstaat, folgt in den meisten Ländern eine entsprechende Lohnsteuerverpflichtung des Arbeitgebers, sobald der Arbeitnehmer physisch in diesem Staat tätig wird.