Die Finanzbehörde nimmt aktuell Influencerinnen und Influencer ins Visier – und die Meldungen überschlagen sich. Umsatzsteuer hier, Einkommensteuer dort, Betriebsprüfung überall: Social Media brodeln. Doch wer nur die Steuern im Blick hat, verzichtet unfreiwillig auf mögliche finanzielle Vorteile. Die Versicherung in der Künstlersozialkasse (KSK) lohnt sich häufig – finanziell und rechtlich. Denn die KSK übernimmt beispielsweise effektiv den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung. Dadurch sinkt die monatliche Belastung deutlich – allerdings nicht rückwirkend. Influencer, Creator und freie Künstler sollten daher proaktiv und frühzeitig prüfen, ob sie in der KSK versicherungspflichtig sind.
Warum der Steuer-Hype nur die halbe Wahrheit ist
Plakativ formuliert: Die Steuergesetze regeln, wie viel vom Kuchen an das Finanzamt abzugeben ist. Die Regelungen zur Sozialversicherung dagegen entscheiden beispielsweise darüber, ob man bei Krankheit abgesichert ist, Rentenpunkte sammelt oder im Pflegefall Anspruch auf Leistungen hat – also ob überhaupt noch Kuchen gebacken werden kann. Für selbständig kreativ Tätige ist die Künstlersozialkasse zuständig. Doch anders als bei der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung zahlt die betreffende Person nur den „Arbeitnehmeranteil“, den Rest tragen Bund und die sogenannten Verwerter (Auftraggeber) über die Künstlersozialabgabe.
Spannend für viele: Wer bislang privat krankenversichert ist, kann über die KSK oft den Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung finden – eine Chance, die sonst für Selbständige kaum besteht.
Mini-Crashkurs: Was macht die KSK eigentlich?
Die KSK unterhält keine eigene Kranken- oder Rentenkasse. Sie sammelt Beiträge und leitet sie an die gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsträger weiter – ähnlich wie eine Clearing-Stelle.
Kernfrage: Kann ein Influencer „Künstler“ oder „Publizist“ im Sinne des KSVG sein?
Kurz gesagt: Ja, das ist möglich, hängt aber von der konkreten Tätigkeit ab. Das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) arbeitet mit einem weiten, typologisch orientierten Kunst- und Publizistikbegriff. Es kommt nicht auf einen hohen künstlerischen Anspruch, herausragende Kunstfertigkeit oder Originalität an; entscheidend ist, ob man künstlerisch gestaltet oder publizistisch tätig ist.
Die KSK ordnet Influencerinnen und Influencer in ihren Informationsschriften ausdrücklich dem Bereich Werbung/Öffentlichkeitsarbeit zu, wenn eigene Werbefotos, -videos, -texte oder vergleichbare Inhalte erstellt werden. Damit fällt man grundsätzlich in den Kreis der künstlerisch/publizistisch Tätigen.
Das bedeutet:
- Wer Reels, Shorts oder Fotostrecken selbst gestaltet, etwa als Produkt für eine Brand-Kooperation, erbringt eine kreative Werbeleistung (künstlerischer Bereich Werbung).
- Wer skriptbasierte Produktreviews, Tutorials, erklärende Text-/Videoformate entwickelt, dessen Tätigkeit ist journalistisch geprägt.
- Wer nur Reichweite zur Verfügung stellt (Affiliate-Link droppen, ohne eigenen Content zu erstellen), erbringt häufig keine abgabepflichtige künstlerische Leistung. Hier ist eine Einzelfallprüfung notwendig.
Fazit: Entscheidend ist der kreative Eigenanteil. Je mehr man gestaltet, desto eher kommt es zur Versicherungspflicht in der KSK.
Checkliste Versicherungspflicht in der KSK: Sind die Voraussetzungen erfüllt?
Die KSK prüft, ob die folgenden Grundvoraussetzungen erfüllt sind:
- Selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit, keine abhängige Beschäftigung
- Erwerbsmäßig und nachhaltig: auf Dauer angelegt, Einnahmeerzielung beabsichtigt
- Mindesteinkommen: regelmäßig mindestens 3.900 Euro Jahresgewinn (bzw. Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben) aus der künstlerisch-publizistischen Tätigkeit (Ausnahmen: Berufsanfänger; zeitweises Unterschreiten in engen Grenzen möglich)
- Beschäftigung von maximal einer sozialversicherungspflichtigen Person im Zusammenhang mit der Tätigkeit (Ausnahmen: Ausbildung, geringfügige Beschäftigung)
- Meldung an die KSK: Beginn der Pflichtversicherung grundsätzlich frühestens mit der Meldung, also nicht rückwirkend
Wer unsicher ist, kann sich bei der KSK melden, bevor die ersten großen Aufträge angenommen werden; Unterlagen lassen sich im Verfahren nachreichen.
Wie hoch sind die Beiträge?
Die Höhe der monatlichen Beiträge richtet sich nach dem voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommen. Maßgeblich ist der steuerliche Gewinn (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) bzw. der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben (Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit) aus der versicherungspflichtigen Tätigkeit. Die voraussichtliche Höhe ist an die KSK zu melden, die dann die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung berechnet. Bei sehr niedrigen Einkünften (≤ 3.900 Euro) greift ein einheitlicher Mindestbeitrag; für 2025 liegt dieser ungefähr bei 90 Euro.