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Influencer-Marketing und Künstlersozialabgabe: Was Auftraggeber wissen müssen

In der heutigen digitalen Welt spielt Influencer-Marketing eine entscheidende Rolle für Unternehmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen bewerben möchten. Insbesondere junge Menschen sind über Social Media häufig wesentlich besser zu erreichen als über traditionelle Kanäle. Dabei übersehen Auftraggeber immer wieder insbesondere die sozialversicherungsrechtlichen Fallstricke. In diesem Artikel beleuchten wir die wichtigsten Punkte, die Unternehmen hier beachten sollten, und zeigen nach unserer Erfahrung empfehlenswerte Handlungsoptionen auf.

Beauftragung von Influencern als Marketingstrategie

Influencer sind Personen, die regelmäßig auf Social Media oder auf ihren Blogs Videos, Texte, Bilder oder Podcasts zu einem bestimmten Themenbereich veröffentlichen und damit eine hohe Reichweite erzielen. Sie heißen so, weil sie beispielsweise die Kaufentscheidungen ihrer Follower beeinflussen können. Unternehmen haben daher ein großes Interesse daran, dass ein bei ihrer Zielgruppe beliebter Influencer ihr Produkt etwa in einem Video platziert, vorstellt oder sogar anpreist. Eine andere Möglichkeit wäre es beispielsweise, eigene Werbung etwa in einem Video dieses Influencers zu platzieren.

Selbständig oder angestellt?

Insbesondere bei nur einem oder sehr wenigen Auftraggebern kann eine abhängige Beschäftigung vorliegen. Dabei kommt es jedoch immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Für eine abhängige Beschäftigung sprechen insbesondere die folgenden Umstände:

  • Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit und Ort (Plattform) der Leistung
  • Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers
  • fehlendes Unternehmerrisiko

Abhängig beschäftigte Influencer sind wie alle anderen Arbeitnehmenden sozialversicherungspflichtig. Doch auch die Einordnung als selbständig bedeutet keineswegs, dass automatisch keine Versicherungspflicht besteht. Häufig kommt es dann zur Versicherungspflicht in der Künstlersozialkasse (KSK). Nach der umgangssprachlichen Definition von Kunst dürfte die Tätigkeit der überwiegenden Mehrheit der Influencer nicht als künstlerisch anzusehen sein. Allerdings definiert das Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) den Begriff wesentlich weiter.

Sind Influencer Künstler im Sinne des Sozialversicherungsrechts?

Die KSK betrachtet Werbefotos, -videos, -texte oder ähnliche Werke ausdrücklich als Kunst im Bereich Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Dabei kann sie sich beispielsweise auf die BSG-Rechtsprechung stützen (Urteil vom 12.05.2005, B 3 KR 39/04 R). Danach sind Fotografen und alle anderen Personen, die zum Gelingen eines Werbeauftrags eigenverantwortlich und nicht unerheblich beitragen, Künstler im Sinne des KSVG. Diese Grundsätze wendet die KSK analog auf das Influencer-Marketing an.

Künstlersozialabgabe

Die Künstlersozialabgabe beträgt im Jahr 2025 5 Prozent auf alle im Kalenderjahr an selbstständige Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte und wird im Umlageverfahren erhoben. Sie fällt auch dann an, wenn die künstlerische oder publizistische Tätigkeit nur nebenberuflich oder nicht berufsmäßig (etwa während des Studiums oder im Ruhestand) ausgeübt wird. Dabei kommt es letztlich nicht auf die persönlichen Umstände oder den Ort der Tätigkeit an, sondern entscheidend ist alleine, wo die künstlerische Leistung verwertet wird - also wo sie wirtschaftlich genutzt wird, etwa durch Veröffentlichung, als Werbung oder im Vertrieb. Erfolgt diese Verwertung im Inland, fällt grundsätzlich die Künstlersozialabgabe an – auch wenn die Leistung aus dem Ausland stammt.

Welche Auftraggeber sind abgabepflichtig?

Als abgabepflichtige Verwerter gelten Unternehmen

  • die durch ihre Organisation, besondere Branchenkenntnisse oder spezielles Know-how den Absatz künstlerischer oder publizistischer Leistungen am Markt fördern oder ermöglichen
  • die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für ihr eigenes Unternehmen betreiben und dabei Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen (Unternehmen, die Influencer beauftragen, dürften häufig bereits in diese Kategorie fallen.)
  • die Werke oder Leistungen von selbständigen Künstlern oder Publizisten für Zwecke des eigenen Unternehmens nutzen und in diesem Zusammenhang Einnahmen erzielen möchten (Auffangtatbestand).

Abgabepflichtig sind also nicht nur klassische Kulturbetriebe wie Verlage, Theater oder Werbeagenturen, sondern auch Unternehmen aller Branchen, sobald sie regelmäßig selbstständige Künstler oder Publizisten beauftragen – etwa für Grafikdesign, Texte, Musik oder Fotos. Selbst Handwerksbetriebe, Arztpraxen oder Online-Shops können abgabepflichtig werden, wenn sie regelmäßig künstlerische Leistungen etwa für Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit nutzen. Entscheidend ist nicht der Unternehmenszweck, sondern die wiederholte Verwertung kreativer Leistungen – in vielen Fällen reichen bereits zwei Aufträge pro Jahr.

Women before a Camera

Wer zu einer der letzten beiden Gruppen zählt, muss die Künstlersozialabgabe jedoch nur dann abführen, wenn die betreffenden Entgeltzahlungen im Kalenderjahr 700 Euro (2025, ab 2026: 1.000 Euro) übersteigen.


Was zählt zur Bemessungsgrundlage?

Je nach Vereinbarung können unterschiedliche Arten von Vergütungen anfallen:

  • Zahlungen für die Platzierung, das Vorstellen und die Empfehlung von Produkten in Beiträgen/Videos oder für die Tätigkeit als Markenbotschafter
  • Provisionen für die Käufe oder die Klicks, die über einen Affiliate-Link getätigt wurden
  • Zahlungen für Werbeanzeigen
  • Überlassung des etwa in einem Video vorgestellten/empfohlenen Produkts, oder auch weiterer Produkte 
  • Überlassung der Nutzungsrechte an dem erstellten Inhalt (Post, Video …)

In die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe fließen grundsätzlich die folgenden Gegenleistungen des Verwerters für die erstellten Inhalte (Video, Posts …) ein:

  • sämtliche Vergütungsbestandteile (beispielsweise Honorare, Lizenzen oder Sachleistungen)
  • Erstattung von Auslagen und Nebenkosten (Ausnahme: steuerfreie Aufwandsentschädigungen)

Zahlt das Unternehmen dagegen lediglich eine Vergütung für das bloße Einbetten eines (Affiliate-)​Links, handelt es sich nicht um eine Gegenleistung für eine künstlerische Tätigkeit. Das reine "Verlinken" ist eine technische oder werbliche Handlung, keine kreative. Sie unterliegt daher nicht der Künstlersozialabgabe.

Achtung: Eine Weiterbelastung der Abgabe an den Influencer ist rechtswidrig.

Welche Pflichten haben die Auftraggeber?

Beitragspflichtige Verwerter haben eine Reihe von Pflichten zu beachten:

  • Meldepflichten
    • Anmeldung bei der KSK 
    • jährlich bis zum 31. März Meldung der abgabepflichtigen Entgelte des Vorjahres
  • Zahlungs- und Vorauszahlungspflicht
  • Aufzeichnungs- und Vorlagepflicht: Alle an selbständige Künstler und Publizistursuen gezahlten Entgelte sind aufzuzeichnen und auf Verlangen der KSK vorzulegen. Dabei muss nachprüfbar sein, wie die daraus abgeleiteten Meldungen zustande kommen und wie die Beträge mit den zugrunde liegenden Unterlagen zusammenhängen.
  • Betriebsprüfungen: Wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund im Rahmen einer Betriebsprüfung die Aufzeichnungen verlangt, sind diese ebenfalls vorzulegen. Bzw. im Rahmen der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung kann der Prüfer die Daten auch unmittelbar aus der Finanzbuchhaltung abrufen. Eventuell festgestellte Mängel hat das geprüfte Unternehmen zu beseitigen.

Da die Beauftragung von Influencern zu Werbezwecken ein vergleichsweise neues Phänomen ist, sind noch nicht alle steuerrechtlichen Fragen abschließend geklärt. So könnte beispielsweise der Auftraggeber von in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen Influencern zum Quellensteuerabzug verpflichtet sein. Im Zweifelsfall sollte bei dieser Konstellation eine Anrufungsauskunft eingeholt werden.

Sanktionen für Pflichtverletzungen

Die Verletzung von Meldepflichten ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro sanktioniert werden kann. Werden die Zahlungen nicht pünktlich geleistet, erhebt die KSK monatliche Säumniszuschläge in Höhe von 1 Prozent des offenen Betrags.

Handlungsempfehlung 

Auftraggeber sollten zunächst klären (lassen), ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Für selbständige Influencer dürften in den meisten Fällen Beiträge an die Künstlersozialversicherung anfallen. Dies tangiert die Auftraggeber jedoch nicht unmittelbar.

Unternehmen, die selbständige Influencer beauftragen, sollten entsprechende Maßnahmen ergreifen, um die daraus resultierenden Pflichten erfüllen zu können. Insbesondere empfiehlt es sich – beispielsweise durch Schulungen – sicherzustellen, dass die verantwortlichen Beschäftigten die erforderlichen Aufzeichnungen und Meldungen vornehmen und die Zahlungen an die KSK pünktlich geleistet werden. Falls Influencer beauftragt werden, die in Deutschland beschränkt steuerpflichtig sind, sollten sie zudem klären (lassen), ob sich daraus für sie steuerliche Verpflichtungen ergeben.

Autorinnen: Ursula Beste, Nancy Adam