Eine Frau telefoniert im Zug

Inlandsdienstreisen von Beschäftigten ausländischer Betriebsstätten - BFH: Deutsches Stammhaus muss Lohnsteuer abführen

Eine ausländische Betriebsstätte einer inländischen Kapitalgesellschaft kann nicht Arbeitgeber im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA sein. Die deutsche Kapitalgesellschaft ist daher verpflichtet, vom auf Inlandsdienstreisen entfallenden Arbeitslohn der Beschäftigten ihrer ausländischen Betriebsstätten Lohnsteuer abzuführen (§ 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). So der Bundesfinanzhof (BFH) in gleich mehreren Urteilen vom 12.12.2024 (VI R 25/22, VI R 26/22, VI R 27/22). 

Deutsches Stammhaus mit zahlreichen Zweigniederlassungen im Ausland

Die Klägerin in allen drei Verfahren ist eine europäische Aktiengesellschaft mit Stammhaus in Deutschland, die zahlreiche Zweigniederlassungen im Ausland unterhält. Die Mitarbeitenden der ausländischen Zweigniederlassungen kommen für kurzfristige Dienstreisen (Schulungen, Workshops, Projekte etc.) nach Deutschland. Die Dienstreisen liegen im Interesse der jeweiligen Niederlassung, die auch die gesamten Kosten trägt (Vergütung, Reisekosten).

Steuerpflicht in Deutschland aufgrund von Inlandsdienstreisen

Die Beschäftigten der Klägerin in den ausländischen Betriebsstätten sind in Deutschland mit dem für ihre Tätigkeit in Deutschland bezogenen Arbeitslohn beschränkt steuerpflichtig (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. 1 EStG). Dies war auch nicht strittig.

Doch auch nach den einschlägigen DBA steht Deutschland als Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu (Art. 15 Abs. 1 OECD-MA). Denn die Ausnahmeregelung in Art. 15 Abs. 2 OECD-MA setzt insbesondere voraus, dass die Vergütung von einem oder für einen Arbeitgeber gezahlt wird, der nicht im anderen Vertragsstaat (also im Streitfall Deutschland) ansässig ist. Diese Voraussetzung sah der BFH nicht als erfüllt an.

Anmerkung

In der Urteilsbegründung nennt der BFH die einschlägige Vorschrift im jeweiligen DBA. Da 15 verschiedene DBA betroffen sind, verzichten wir aus Vereinfachungsgründen hier darauf und zitieren nur die entsprechenden Regelungen im OECD-MA. 

Betriebsstätte kein Arbeitgeber nach DBA

Arbeitgeber im Sinne eines DBA kann nach ständiger BFH-Rechtsprechung neben dem zivilrechtlichen Arbeitgeber auch eine andere natürliche oder juristische Person sein, wenn die Tätigkeit für sie ausgeübt wird und sie die Vergütung dafür wirtschaftlich trägt (so auch BMF-Schreiben vom 12.12.2023, Rn. 151). Die ausländischen Zweigniederlassungen sind allerdings nur Betriebsstätten der Klägerin, keine (juristischen) Personen. Somit können sie aus abkommensrechtlicher Sicht auch nicht Arbeitgeber sein. Anders verhält es sich im deutschen (Lohn-)Steuerrecht.

Handlungsempfehlung

Wenn Beschäftigte ausländischer Zweigniederlassungen Dienstreisen nach Deutschland unternehmen, hat das deutsche Stammhaus sicherzustellen, dass die lohnsteuerlichen Pflichten im Inland erfüllt werden. Hierfür hat der Gesetzgeber seit 2020 die Möglichkeit geschaffen, die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz in Höhe von 30 Prozent (zuzüglich Annexsteuern) zu erheben (§ 40a Abs. 7 EStG), sofern die Tätigkeit der betreffenden Person 18 zusammenhängende Arbeitstage in Deutschland nicht übersteigt. 


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