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Lebensmittelpunkt in Deutschland und Arbeitgeber in der Schweiz: Pilot im Steuerlabyrinth

Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) knüpfen das Besteuerungsrecht für eine nichtselbständige Tätigkeit insbesondere auch an den Tätigkeitsort. Zuordnungsprobleme ergeben sich hier unter anderem bei Tätigkeiten, die in einem Flugzeug im internationalen Verkehr ausgeübt werden. Deshalb enthält das DBA mit der Schweiz (wie das OECD-Musterabkommen und die deutsche Verhandlungsgrundlage) hierzu eine Sonderregelung für die Zuweisung des Besteuerungsrechts. Wie ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs zeigt, können sich dennoch Streitfragen ergeben.

Kernaussage der Entscheidung

Die Einkünfte eines Piloten, der abkommensrechtlich im Inland ansässig ist und bei einer in der Schweiz ansässigen Fluggesellschaft im internationalen Luftverkehr eingesetzt wird, sind nur insoweit in Deutschland steuerfrei (unter Progressionsvorbehalt), als er auf Schweizer Territorium tätig ist (BFH, 24.10.2024, VI R 28/22).

Pilot einer Schweizer Fluggesellschaft mit Lebensmittelpunkt in Deutschland

Der Kläger hatte seit 2011 einen Wohnsitz in Deutschland und war für eine Schweizer Gesellschaft im nationalen Flugverkehr der Schweiz und im internationalen Flugverkehr als Pilot tätig. Sein Lebensmittelpunkt befand sich in Deutschland, wo auch seine Familie lebte. Seine Arbeitgeberin behielt von seinem Lohn Schweizer Quellensteuer ein.

Finanzamt behandelt Einkünfte teilweise als steuerpflichtig

In seinen deutschen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre gab der Kläger nach dem DBA-Schweiz steuerfreie Einkünfte aus dieser Tätigkeit an. Das Finanzamt unterwarf für das Jahr 2013 und 2014 rund 55 Prozent dieser Einkünfte der deutschen Besteuerung. Die restlichen Einkünfte stellte es von der Besteuerung frei und berücksichtigte sie bei der Ermittlung des Steuersatzes (Progressionseinkünfte). Es erkannte die im Rahmen des Einspruchsverfahrens nachträglich erklärten Werbungskosten anteilig an und rechnete die schweizerische Quellensteuer an. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg gab der nach der Einspruchsentscheidung erhobenen Klage ganz überwiegend statt. Für die Zuweisung des Besteuerungsrechts sei maßgeblich, wo der jeweilige Flug beginne und ende.

Dem ist der BFH mit der folgenden Begründung entgegengetreten:

BFH bestätigt für Inlandsflüge in der Schweiz Steuerfreiheit

Der Schweiz steht das Besteuerungsrecht für die Vergütungen des Klägers für die reinen Inlandsflüge zu (Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz), wobei das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates Deutschland daneben bestehen bleibt. Die Einkünfte sind jedoch von der deutschen Besteuerung auszunehmen, da sie in der Schweiz besteuert werden können und die Tätigkeit in der Schweiz ausgeübt wurde (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA-Schweiz).

Anteilige Besteuerung für internationale Flüge

Für die internationalen Flüge ist Art. 15 Abs. 3 DBA-Schweiz einschlägig, der das Besteuerungsrecht dem Staat zuweist, in dem sich der Ort der Geschäftsleitung des Unternehmens befindet. Die Tätigkeit wurde hier nur teilweise in der Schweiz ausgeübt und sie gilt auch nicht als dort ausgeübt. Art. 15 Abs. 3 des DBA knüpft das Besteuerungsrecht an den Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Arbeitgebers, fingiert aber nicht die Tätigkeit an diesem Ort. 

Die Einkünfte sind daher nur insoweit von der deutschen Besteuerung auszunehmen, als die Tätigkeit im Zusammenhang mit den internationalen Flügen in der Schweiz (auf Schweizer Boden oder im Schweizer Luftraum) ausgeübt wurde. Im Übrigen rechnet Deutschland lediglich die Schweizer Steuern an (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz).

Ausblick

Der BFH hat das Verfahren an die Vorinstanz zurückverwiesen, die noch feststellen muss, inwieweit der Kläger seine Tätigkeit auf Schweizer Boden oder im Schweizer Luftraum ausgeübt hat.