Wenn die Deutsche Rentenversicherung vermeintlich Selbständige als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einstuft, kann das bekanntlich für den Auftraggeber teuer werden. In einem am 04.12.2024 vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall (5 AZR 272/23) wollte das Unternehmen die Differenz zwischen dem gezahlten Honorar und der bei einer abhängigen Beschäftigung üblichen Vergütung sowie die Umsatzsteuer zurückfordern. Die Urteilsbegründung zeigt, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und wie aufwendig es sein kann, die erforderlichen Nachweise zu erbringen.
Rentenversicherung stellt Scheinselbständigkeit fest
Die Beklagte war von 2015 bis 2018 für die Klägerin als Schreibkraft tätig und berechnete für ihre Leistungen 18,50 Euro pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer. Im Rahmen einer Prüfung kam die Deutsche Rentenversicherung zu dem Ergebnis, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorlag, und forderte die Nachzahlung von rund 33.600 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen. Die hiergegen erhobene Klage ist noch nicht rechtskräftig entschieden. 2019 lehnte die Beklagte eine weitere Zusammenarbeit ab, weil sie nicht „auf Lohnsteuerkarte“ arbeiten wollte.
Auftrag-/Arbeitgeberin verlangt Erstattung
Bei einer abhängigen Beschäftigung lag laut Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit die übliche Stundenvergütung für die ausgeübte Tätigkeit bei 14,80 Euro. Die Klägerin verlangte von der Beklagten vor diesem Hintergrund die Rückzahlung des aus ihrer Sicht zu viel gezahlten Honorars und die Erstattung der in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer zuzüglich Zinsen. Die Klägerin scheiterte mit ihrem Ansinnen vor dem Arbeits- und dem Landesarbeitsgericht (LAG) München.
BAG: LAG muss den Fall neu prüfen
Das BAG hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Das LAG wird nun zu prüfen haben, ob das Vertragsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Falls ja, muss es feststellen, ob die Beklagte für ihre Tätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung eine geringere als die bisher gezahlte Vergütung erhalten hätte. Zu klären ist laut BAG insbesondere auch, ob die Beklagte ein schützenswertes Vertrauen darin gehabt hatte, dass sie die gezahlte Vergütung behalten durfte. Dabei kommt es insbesondere darauf an, welche Umstände dazu beigetragen haben, dass die Beklagte als freie Mitarbeiterin beschäftigt wurde.
Liegt auch arbeitsrechtlich ein Beschäftigungsverhältnis vor?
Die Kriterien für die sozialversicherungsrechtliche Einstufung stimmen weitgehend mit denen für die arbeitsrechtliche Beurteilung überein, sind jedoch nicht deckungsgleich. Zudem hat die Beklagte während des bisherigen Verfahrensverlaufs darauf beharrt, dass sie ein selbständiges Schreibbüro betrieben habe.