Das BMF-Schreiben zum Bäderquerverbund ist da!

BMF vom 10. Oktober 2025 – Weitere Grundsätze zur Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art nach § 4 Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 KStG. 

In der Praxis ließ die Finanzverwaltung die Einbeziehung von Bädern in den steuerlichen Querverbund bisher grundsätzlich nur bei Vorliegen eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) zu. Auch wenn eine technisch-wirtschaftliche Verflechtung auf der Basis anderer Technologien nicht ausdrücklich ausgeschlossen war, wurden Anträge auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft regelmäßig negativ beschieden, wenn die sich aus dem BMF-Schreiben vom 11.05.2016 ergebenden Voraussetzungen nicht vorlagen. Vor dem Hintergrund der Wärmewende ist der Neubau von BHKW jedoch in der Regel nicht mehr sinnvoll. Deshalb ist es wichtig, dass die Zusammenfassung im steuerlichen Querverbund nun auf neue Beine gestellt wird.

Seit über zwei Jahren wurde schon über Alternativen zum BHKW diskutiert. Der entsprechende Erlassentwurf war Ende 2024 zwischen dem Bundesfinanzministerium und den kommunalen Spitzenverbänden bis auf kleinere Detailfragen weitgehend abgestimmt. Danach lag er aber monatelang in der Schublade der Finanzverwaltung. Insbesondere das Urteil des BFH zur Kettenzusammenfassung vom 29.08.2024 hatte die Veröffentlichung verzögert. Hintergrund: Die Einschränkungen durch die restriktive Rechtsprechung hätten die Vorteile des Erlasses in vielen Fällen erheblich verringert. Nachdem dieses Problem nun jedoch durch Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung vom 06.06.2025 zumindest vorerst beseitigt wurde, war der Weg für das neue Bäderquerverbund-Schreiben frei.

Mit dem Erlass werden nun weitere Möglichkeiten geschaffen, die sogenannte „technisch-wirtschaftliche Verflechtung“ zu begründen:

  • Betrieb einer Wärmepumpe im Bad
    • Gewichtigkeitsvoraussetzungen: Mind. 50 kW Leistung und Deckung von mindestens 1/3 des Wärmebedarfs des Bades
    • Zusammenfassung mit Stromnetzbetrieb
  • Betrieb einer hybriden Photovoltaik-Anlage im Bad
    • Gewichtigkeitsvoraussetzungen: Mind. 50 kW Leistung und Deckung von mindestens 10 % des Wärmebedarfs des Bades
    • Zusammenfassung mit Stromerzeugung
  • Einbeziehung eines Bades in das Fernwärmenetz
    • Gewichtigkeitsvoraussetzungen: Mind. 80 % der Wärmeversorgung des Bades und Wasservolumen von mindestens 750 m³
    • Zusammenfassung mit Fernwärmebetrieb

Die im Erlass definierten Voraussetzungen unterscheiden sich je nach Fallvariante und sind im Einzelfall zu prüfen. Sie beziehen sich auf die Größe der Versorgungsanlage, das Fassungsvermögen des Beckens, den Anteil an der Deckung des Gesamtwärmebedarfs des Bades sowie die Gewichtigkeit des zusammenzufassenden Versorgungsbetriebs am gesamten bisher bereits bestehenden Versorgungs- bzw. Querverbunds-BgA.

Nicht mehr nachzuweisen ist die grundsätzliche Wirtschaftlichkeit der Anlage. Die Finanzverwaltung geht vielmehr davon aus, dass die neuen Technologien per se die langfristig wirtschaftlichere und nachhaltigere Alternative zu einer konventionellen Wärmeversorgung darstellen. Ein solches Bekenntnis zu den Zielen der Energie- und Wärmewende und die damit einhergehende Vereinfachung des Nachweises der Voraussetzungen für den steuerlichen Querverbund sind bemerkenswert und ausdrücklich zu begrüßen.

Grundgedanke bei allen Alternativen ist, dass die Wärmespeicherfunktion des Bades genutzt werden kann, um eine flexible Strom- bzw. Wärmelieferung zu ermöglichen und damit das Lastenmanagement der Erzeugungs- bzw. Netzbetriebe zu unterstützen. Anders ausgedrückt: Das Bad kann dann geheizt werden, wenn andere Nutzer wenig Strom oder Fernwärme abnehmen. Damit einhergehend wird für die Alternativen Wärmepumpe und Fernwärme gefordert, dass der Versorger über den Umfang der Strom- bzw. Wärmelieferung entscheiden kann. Dies ist über Verträge oder – bei Einheitsunternehmen – über interne Organisationsanweisungen sicherzustellen, die dem Versorger im Rahmen des Lastenmanagements Zugriffsrechte einräumen (Zu- und Abschaltungen der Wärmepumpe bzw. der Fernwärmeübergabestation). Für die hybride PV-Anlage gilt das Kriterium der Zugriffsrechte nicht. Stattdessen wird hier – trotz Kritik der kommunalen Spitzenverbände – darauf abgestellt, dass die Anlage im Betriebsvermögen des Energieversorgers bilanziert und dessen Stromerzeugung zugeordnet wird.

Eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung ist grundsätzlich nicht mehr erforderlich, wenn alle Anforderungen eindeutig erfüllt sind. In jedem Fall empfiehlt sich jedoch eine nachweisbare Dokumentation der Voraussetzungen – z.B. im Hinblick auf den rechnerischen Gesamtwärmebedarf des Bades. Zumindest in der Anfangsphase wird die Politik jedoch häufig noch eine Absicherung der Querverbundsverrechnung mittels verbindlicher Auskunft fordern, da man aufgrund der sehr materiellen Auswirkungen auf jeden Fall auf der sicheren Seite sein möchte.

So erfreulich das Schreiben auch ist – alle Probleme wird es nicht lösen können. Insbesondere bleibt das Risiko, dass der Querverbund insgesamt kippt, wenn die EU ihn als unzulässige Beihilfe einordnen sollte. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass der BFH seine kritische Haltung zur Kettenzusammenfassung in weiteren Urteilen bekräftigen wird. Außerdem können sich zukünftig wieder neue technologische Entwicklungen ergeben, die dann wieder nicht von den Erlassregelungen gedeckt wären, sodass immer wieder nachgebessert werden muss. Deshalb wird aktuell auch diskutiert, ob – im Sinne des Koalitionsvertrags (vgl. Rn. 1464 und 1465) – eine Gesetzesänderung zur Absicherung des steuerlichen Querverbunds erfolgen sollte. Dies würde jedoch eine proaktive Abstimmung mit der EU-Kommission im Hinblick auf die Beihilfenkonformität voraussetzen. Ob man diesen Weg tatsächlich einschlägt, bleibt abzuwarten. Immerhin besteht das Risiko, dass die EU-Kommission, wenn sie sich einmal mit dem Thema beschäftigt, zu einem negativen Ergebnis auch schon für die Vergangenheit kommen könnte. Andererseits ist der aktuelle Zustand für die kommunalen Konzerne auf Dauer nur schwer erträglich, weil ohne gesetzliche Absicherung immer ein Damoklesschwert über der Finanzierung der Daseinsvorsorge hängen wird und im Fall von strittigen Fragen im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Durchsetzung der eigenen Auffassung im Klageweg in der Regel keine Option ist. Offen ist auch, wie eine neue Gesetzesregelung konkret aussehen könnte. Hier reichen die Alternativen vom schlichten „alle Bäder sollen immer verrechenbar sein“ bis zu allgemeineren Formulierungen, die ggf. auch weitere und künftig neue Formen der Daseinsvorsorge mit umfassen würden. Es bleibt also nach wie vor spannend rund um das Thema Querverbund.

Ungeachtet dessen sollten die Stadtwerke die neuen Möglichkeiten überprüfen, um sich zumindest kurz- bis mittelfristig auf dieser Basis zu optimieren. Das BMF-Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es gilt für BgA und Kapitalgesellschaften. Die neuen Möglichkeiten der Verrechnung helfen allen, die aktuell ein neues Bad planen oder alte BHKW ersetzen müssen. Einige Stadtwerke haben sich in Erwartung des Schreibens bereits in Position gebracht und nur noch auf die Veröffentlichung der neuen Grundsätze gewartet. Alle anderen sollten sich jedoch nun ebenfalls mit den neuen Möglichkeiten auseinandersetzen, um die neuen Gestaltungsoptionen und deren Anwendbarkeit im konkreten Stadtwerkeverbund zu kennen.

Hier finden Sie das neue BMF-Schreiben.

AutorInnen: StB Gabriele Kirchhof, StB Sebastian Heuser