Die Neverending-Story – die ambulante Medikamentenabgabe eines Krankenhauses

Die steuerliche Behandlung ambulant abgegebener Medikamente eines Krankenhauses beschäftigt die Krankenhäuser, Berater, Kassen und Finanzämter seit über einem Jahrzehnt. Das BMF hat mit Schreiben vom 13.12.2022 seine Auffassung zur umsatzsteuerlichen Einordnung der Fertigmedikamente veröffentlicht.
 

Die Finanzverwaltung hat nach langem Überlegen und internen Abstimmungen kurz vor dem Jahreswechsel 2022/2023 ein Thema abgeschlossen, das die Krankenhauslandschaft seit nunmehr über einem Jahrzehnt beschäftigt: Die umsatzsteuerliche Behandlung der ambulanten Medikamentenabgabe im Bereich der nicht patientenindividuell hergestellten (Fertig-) Medikamente.

Die langen Überlegungen der Finanzverwaltung haben zum Ergebnis geführt, dass nun auch Fertigarzneimittel, die bislang gem. Abschnitt 4.14.6 Abs. 3 Nr. 4 des Umsatzsteueranwendungserlasses explizit nicht zu den eng verbundenen Umsätzen und damit auch nicht dem umsatzsteuerbefreiten Bereich eines Krankenhaus zugeordnet werden konnten, dennoch der Umsatzsteuerfreiheit des § 4 Nr. 14 UStG unterliegen sollen. Dies gilt nur, sofern die Medikamente für die verfolgten therapeutischen Zwecke unentbehrlich sind. Damit deckt sich die umsatzsteuerliche Einordnung der ambulant abgegebenen patientenindividuellen Arzneimittel wie z. B. Zytostatika mit denen der Fertigarzneimittel. Die Umsatzsteuerbefreiung hat zur Folge, dass aus den diesen Leistungen zuzuordnenden Eingangsleistungen sodann kein Vorsteuerabzug möglich ist.

Für die Vergangenheit hat die Finanzverwaltung eine Übergangsregelung in das BMF-Schreiben vom 13.12.2022 aufgenommen. Demnach kann das Krankenhaus gegenüber der Finanzverwaltung wählen, ob es die Umsatzsteuerbefreiung für alle offenen Fälle der vergangenen Jahre anwendet oder ob es für die Umsätze bis einschließlich 31.12.2022 an einer Umsatzsteuerpflicht und einem damit einhergehenden Vorsteuerabzug festhält. Klarstellend hat die Finanzverwaltung erwähnt, dass, wie wir es bislang bereits vertreten hatten, bei einer Zuordnung zum Zweckbetrieb der ermäßigte Steuersatz im Fall der Aufrechterhaltung der Umsatzsteuerpflicht für die Umsätze der Vergangenheit zur Anwendung kommt.

Die kurze Frist zur Umstellung der umsatzsteuerlichen Einordnung der Fertigarzneimittel stellt die Krankenhäuser und ihre Mitarbeiter sowie die Abrechnungszentren wieder einmal vor die große Herausforderung, bereits ab 01.01.2023 diese neue Auffassung der Finanzverwaltung umzusetzen und die Abrechnungen bereits zu Beginn des neuen Jahres anzupassen.

Da sich das BMF allerdings lediglich für die steuerliche Handhabung der Fertigarzneimittel im Verhältnis Krankenhaus zu Finanzverwaltung äußern kann, bleibt abzuwarten, wie die Krankenkassen auf dieses BMF-Schreiben reagieren. Tendenziell sollte die Behandlung als umsatzsteuerpflichtiger Umsatz zum ermäßigten Steuersatz und einem vollen Vorsteuerabzug zu den geringsten Bruttokosten der Medikamente für das Gesundheitswesen führen, jedoch sind aus Sicht des Krankenhauses die individuellen Gegebenheiten und Verträge zu beurteilen.

Die neue Auffassung der Finanzverwaltung zur Umsatzsteuer bei Fertigarzneimitteln erfordert kurzfristiges Handeln für die zukünftige Abrechnung wie auch eine intensive Auseinandersetzung und Abwägung für die vergangenen Jahre, die noch nicht bestandskräftig sind.

Autoren: Peter C. Dörrfuß, Sven Riedel