Die Regelung des § 4 Nr. 1 GrEStG begünstigt Grundstücksübertragungen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sofern diese anlässlich des Übergangs öffentlich-rechtlicher Aufgaben erfolgen.
In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Baden-Württemberg kürzlich über einen Fall entschieden, in dem eine Stadt ein Erbbaurecht zugunsten einer öffentlich-rechtlichen Stiftung bestellte, jedoch zum Zeitpunkt der Bestellung nicht öffentlich-rechtlicher Aufgabenträger war.
Urteil des FG Baden-Württemberg vom 6. Dezember 2024 – 5 K 1618/24
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 6. Dezember 2024 entschieden, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG bei der Bestellung eines Erbbaurechts Anwendung findet, wenn die Erbbaurechtsgeberin in der Vergangenheit bereits einmal hoheitliche Aufgabenträgerin gewesen ist.
Das zeitliche Auseinanderfallen zwischen der Übertragung der hoheitlichen Aufgabe und der Grundstücksübertragung bzw. Bestellung des Erbbaurechts ist nach Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG unschädlich.
Im vorliegenden Urteilsfall hatte eine Stadt bereits in den 1990er-Jahren die Schulträgerschaft für ein Gymnasium auf eine öffentlich-rechtliche Stiftung (Dachstiftung) übertragen, die von einem Bistum gegründet wurde. Die Stadt bestellte der Dachstiftung darüber hinaus ein Erbbaurecht an einem städtischen Grundstück, auf dem die Dachstiftung ein Schulgebäude errichtete und dieses auch betrieb.
Vor Ablauf des oben genannten Erbbaurechts wurde die Schulträgerschaft von der Dachstiftung auf eine andere öffentlich-rechtliche Stiftung (Schulstiftung) übertragen, die ebenfalls vom gleichen Bistum gegründet wurde. Zu einem späteren Zeitpunkt (nach Ablauf des Erbbaurechts der Dachstiftung) bestellte die Stadt ein neues Erbbaurecht zugunsten der Schulstiftung hinsichtlich des Schulgrundstücks.
Gegen das Urteil hat die Finanzverwaltung Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. des BFH: II R 2/25).
Bedeutung für die Praxis
In der Praxis kommt es häufiger vor, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts öffentlich-rechtliche Aufgaben – wie etwa die Trägerschaft für eine Schule oder die Krankenhausversorgung – aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht selbst wahrnehmen können und diese Aufgaben daher auf andere juristische Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Anstalten des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Stiftungen) auslagern. In diesem Zusammenhang werden häufig große Grundstücke übertragen oder es werden Erbbaurechte bestellt, sodass hieraus durchaus hohe Grunderwerbsteuerbelastungen entstehen können.
Es bleibt spannend, was die BFH-Richter in München letztlich zu diesem interessanten Fall entscheiden.
AutorInnen: StB Martin Burger, StB Alice Mantey