Keine Haftung des Grundstückserwerbers für unrichtige Steuerausweise in übernommenen Mietverträgen

Dem Urteil des BFH vom 5. Dezember 2024 (V R 16/22) folgend, haftet ein Grundstückserwerber nicht für unrichtige Steuerausweise in übernommenen Mietverträgen. Die Inanspruchnahme der in einer Rechnung als Aussteller bezeichneten Person nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG setzt voraus, dass diese an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder dass ihr die Ausstellung anderweitig zuzurechnen ist.

Hintergrund

Grundstücksvermietungen stellen umsatzsteuerlich sonstige Leistungen dar, die grundsätzlich steuerbar, aber gem. § 4 Nr. 12 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Auf diese Steuerbefreiung kann ein Unternehmer nach § 9 UStG bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen verzichten.

Soweit Verträge - insbesondere solche über Dauerschuldverhältnisse - die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Rechnungsangaben enthalten, können sie als Rechnung angesehen werden. Enthalten Mietverträge mithin einen gesonderten Umsatzsteuerausweis, schuldet der Vermieter nach § 14c Abs. 1 UStG die ausgewiesene Umsatzsteuer auch in Fällen einer steuerfreien Vermietung (sog. unberechtigter Steuerausweis). Dies gilt auch dann, wenn er nicht nach § 9 UStG auf die Steuerbefreiung verzichtet hat.

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb im Jahr 2013 im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens ein mit einem Bürogebäude bebautes Grundstück. Der Voreigentümer hatte mehrere Mietverträge abgeschlossen, in denen die Umsatzsteuer mit dem Zusatz „+ 19 % Mehrwertsteuer“ offen ausgewiesen war. Mietvertragsparteien waren dabei u. a. eine Fachklinik, eine Physiotherapiepraxis und eine Wohnungsbaugesellschaft. Gegenüber diesen war eine Option zur steuerpflichtigen Vermietung nach § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen.

Die Klägerin behandelte die Vermietungsleistungen an diese Parteien als umsatzsteuerfrei. Nach einer Betriebsprüfung setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Streitjahr hingegen fest, da die Klägerin die in den Mietverträgen ausgewiesene Umsatzsteuer nach dessen Ansicht nach § 14c Abs. 1 UStG schulde. Die Klägerin legte Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb.

Entscheidung der Vorinstanz

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg folgte der Auffassung der Finanzverwaltung. Die Klägerin sei gemäß § 57 ZVG i. V. m. § 566 Abs. 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Mietverträgen eingetreten und daher für die unrichtigen Steuerausweise haftbar. Die Klage der Klägerin wurde abgewiesen.

Entscheidung des BFH

Der BFH widersprach dieser Auffassung und entschied zu Gunsten der Klägerin. Er stellte fest, dass die Inanspruchnahme der in einer Rechnung als Aussteller bezeichneten Person nach § 14c Abs. 1 UStG voraussetzt, dass diese an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder dass ihr die Ausstellung anderweitig zuzurechnen ist.

Ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis kann dem Grundstückserwerber nicht nach § 566 Abs. 1 BGB zugerechnet werden. Die Vorschrift des § 566 Abs. 1 BGB, nach der der Erwerber die Rechte und Pflichten des Voreigentümers übernimmt, dient dem Schutz des Mieters. Die Steuerschuldentstehung nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG hingegen diene nicht dem Mieterschutz. Auch gehöre ein unrichtiger Steuerausweis nicht zu den Vermieterrechten und -pflichten, auf deren Übergang diese Vorschrift gerichtet ist. 

Fazit und Praxishinweis

Die Veräußerung von Grundstücken birgt aus umsatzsteuerlicher Sicht sowohl für den Veräußerer als auch für den Erwerber Risiken. Das Urteil des BFH bietet jedenfalls für den Grundstückserwerber nun insoweit Rechtssicherheit, als dass er nicht für unrichtige Steuerausweise in übernommenen Mietverträgen haftet, und schützt ihn vor diesbezüglich unerwarteten steuerlichen Belastungen. Erwerber sollten dennoch sorgfältig prüfen, ob in übernommenen Mietverträgen unrichtige Steuerausweise enthalten sind, um mögliche Risiken zu minimieren.

Offen bleibt hingegen, ob der frühere Eigentümer die von ihm im Mietvertrag ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet, da der Umsatzsteuerausweis zwar nicht dem Grundstückserwerber, aber ggf. ihm zuzurechnen ist. Veräußerer sollten daher noch vor Übergang von Mitverträgen entsprechende Maßnahmen ergreifen, wie beispielsweise die Erklärung der Stornierung des Steuerausweises.

Auch ob ein Mieter im Falle einer steuerpflichtigen Vermietung den Vorsteuerabzug aus dem Mietvertrag als Rechnung nur dann geltend machen kann, wenn der Grundstückserwerber eine ordnungsgemäße Rechnung in Form eines ihm zurechenbaren Vertrages gemäß den Grundsätzen der Entscheidung ausstellt, bleibt offen.

Autor:innen: StB Annika Wölky, StB Marcel Bexten