Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vorgestellt - auch der steuerliche Querverbund soll rechtssicher ausgestaltet werden

In dem am 09.04.2025 vorgestellten 146 Seiten langen Papier hat sich die zukünftige Regierung auf einen Blumenstrauß an Inhalten einigen können. Neben erwartbaren Positionen ist auch ein steuerliches Highlight dabei, das in die Kategorie „Begrüßenswerte Entwicklungen“ eingeordnet werden kann. Nachfolgend möchten wir Ihnen einen kurzen Überblick über die für die öffentliche Hand relevanten steuerlichen Positionen geben. 

1) Steuerlicher Querverbund

Der steuerliche Querverbund hat seit jeher eine überragende Bedeutung für die Finanzierung verlustbringender Betätigungen der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge. Im Kern geht es darum, die Steuerbelastung durch Saldierung von Verlusten mit profitablen Tätigkeiten zu senken. 

Aktuell drohen hier jedoch Einschränkungen. In unserer GPS.direkt Newsmail vom 22. November 2024 hatten wir Sie bereits über das BFH-Urteils zur sog. Kettenzusammenfassung (v. 29.08.2024 – V R 43/21) informiert. Demnach soll eine Zusammenfassung von nicht gleichartigen Tätigkeiten nur möglich sein, wenn die Voraussetzungen zwischen allen Einzeltätigkeiten vorliegen. Die in der Praxis übliche Kettenzusammenfassung mehrerer Tätigkeiten - wie beispielsweise Stromversorgung, Wärmeversorgung und Bad (mit BHKW) - ist nach Auffassung des BFH nicht zulässig. 

Für die betroffenen Kommunen und kommunalen Versorger wäre eine allgemeine Anwendung dieser Entscheidung in Zeiten ohnehin knapper Kassen ein herber Rückschlag. Die Finanzierung dauerdefizitärer öffentlicher Einrichtungen wäre in vielen Fällen nicht mehr sichergestellt. Folglich wurde mit Spannung auf die Reaktion der Finanzverwaltung gewartet. Denkbar wäre beispielsweise eine bloße Nichtveröffentlichung der Entscheidung oder aber ein Nichtanwendungserlass, wodurch die Urteilsgrundsätze auf den entschiedenen Einzelfall beschränkt würden.

Allerdings wäre dies keine langfristige Lösung der Problematik. Bereits aus der Beiladung zum Verfahren sowie dem Verlauf der mündlichen Verhandlung ließ sich ablesen, dass der 5. Senat des BFH der Kettenzusammenfassung sehr kritisch gegenübersteht. Daher ist davon auszugehen, dass das Gericht bei nächster Gelegenheit in gleicher Form entscheiden würde. Ohne gesetzliche Absicherung des Querverbundes würde nach unserer Auffassung die Kettenzusammenfassung somit nicht dauerhaft zu halten sein.

Umso erfreulicher ist es, dass in den Rn. 1464 und 1465 des Koalitionsvertrags nun der Wille der zukünftigen Regierung bekundet wird, „…den steuerlichen Rechtsrahmen für den Querverbund [anzupassen], um den Fortbestand der kommunalen Daseinsvorsorge dauerhaft zu sichern.“!

Es bleiben jedoch Restrisiken, die es zu beachten gilt. So schwebt über einer Gesetzesänderung beim Querverbund auch immer das Damoklesschwert einer europarechtswidrigen Beihilfe. Sofern sich die Änderung der steuerlichen Querverbundsregelungen außerhalb der altbeihilferechtlichen Leitplanken bewegt, wird der BFH bei nächster Gelegenheit dem EuGH wieder die Frage nach einer möglichen Beihilferechtswidrigkeit vorlegen. Denkbar wäre aber auch, dass die Neuregelung vorab mit der EU-Kommission besprochen und ggf. notifiziert werden soll.

Ergänzend bleibt an dieser Stelle noch zu erwähnen, dass man sich mit Blick auf das geplante BMF-Schreiben zur Weiterentwicklung des Bäder-Querverbunds (siehe hierzu auch unsere Newsmail vom 11. Oktober 2024) nunmehr voraussichtlich noch bis zur Gesetzesänderung gedulden muss. Für viele Kommunen und Stadtwerke, die aktuell Änderungen bei ihren Bädern planen, ist das eine sehr unbefriedigende Situation. Wir werden Sie diesbezüglich wie gewohnt über Neuigkeiten auf dem Laufendem halten!

2) Gewerbesteuerhebesatz

Da Kommunen die Höhe der Gewerbesteuerhebesätze weitestgehend selbst festlegen können, führte dies in der Vergangenheit für Gewerbetreibende zu in Teilen erheblichen Steuersatzgefällen. Unternehmen haben daher nach Möglichkeiten gesucht, hiervon zu profitieren und regionale „Steueroasen“ bestmöglich zu nutzen. Dies erfolgte beispielsweise durch Scheinsitzverlegungen oder eine gezielte Verschiebung von Steuersubstrat in die entsprechenden Kommunen. 

Die neue Schwarz-Rote Regierung möchte derartige Gestaltungen nun durch Ergreifung „…alle[r] zur Verfügung stehende[r] administrativer Maßnahmen…“ vermeiden. Als erste konkret geplante Maßnahme soll der Gewerbesteuer-Mindesthebesatz von 200 auf 280 Prozent erhöht werden.

3) Gemeinnützige Einrichtungen

Ehrenamtliche und gemeinnützige Tätigkeiten sollen durch zahlreiche Einzelmaßnahmen erleichtert und gefördert werden. Geplant ist die Anhebung der Übungsleiterpauschale auf 3.300 Euro sowie der Ehrenamtspauschale auf 960 Euro. Ebenfalls erhöht werden soll die Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gemeinnütziger Vereine auf künftig 50.000 Euro.  Der Katalog der gemeinnützigen Tätigkeiten soll modernisiert und das Gemeinnützigkeitsrecht vereinfacht werden. So soll das Erfordernis der zeitnahen Mittelverwendung für gemeinnützige Organisationen mit Einnahmen bis 100.000 Euro entfallen. Bei wirtschaftlichen Tätigkeiten unter 50.000 Euro soll künftig keine Sphärenaufteilung zwischen Zweckbetrieb und steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mehr erfolgen.

4) Sonstiges

Neben den obigen Änderungen sind folgende steuerliche Positionen des Koalitionsvertrags erwähnenswert: 

„Investitions-Booster“: Es ist die Einführung einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen in Höhe von 30 Prozent in den Jahren 2025 bis 2027 geplant.

Senkung Körperschaftsteuersatz: Die Körperschaftsteuer soll beginnend mit dem 01.01.2028 in fünf Schritten um jeweils 1 % von 15 % auf 10 % gesenkt werden. Damit wäre zum 01.01.2032 nur noch ein Körperschaftsteuersatz von 10 % anzuwenden. Unter Beachtung des durchschnittlichen Gewerbesteuersatzes von ca. 15 % läge der kombinierte Steuersatz damit bei ca. 25 %. Im internationalen Vergleich würde Deutschland damit aus der Liste der Top Ten Länder mit der höchsten Körperschaftsteuerbelastung herausfallen und läge künftig im Mittelfeld (Quelle: „Körperschaftssteuersätze in ausgewählten Ländern weltweit im Jahr 2024“, Statista v. 17.02.2025; Anm.: Körperschaftsteuersatz i. S. d. Statistik ist der kombinierte Steuersatz). 

Pläne über eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags auf die Körperschaftsteuer finden sich im Koalitionspapier hingegen nicht. 

Ausblick

Über das Zustandekommen der Koalition entscheiden nunmehr ein kleiner Parteitag der CDU/CSU bzw. die Parteimitglieder der SPD. Stimmen sie zu, ist Anfang Mai 2025 mit der Wahl des neuen Bundeskanzlers und der Ernennung der Minister zu rechnen. Das Bundesministerium der Finanzen geht an die SPD. Erste steuerpolitische Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag könnte die Koalition im Laufe des Jahres umsetzen. Abzuwarten bleibt aber, ob insbesondere die geplanten Steuersenkungen, soweit sie Einfluss auf die Steuereinnahmen der Länder haben, auch eine Mehrheit im Bundesrat finden, in dem Union und SPD nicht über eine Mehrheit verfügen.

Den Volltext des Koalitionsvertrages können Sie hier herunterladen.

AutorInnen: StB Gabriele Kirchhof, StB Sebastian Heuser