Rücklagen und Vermögensbildung bei steuerbegünstigten Körperschaften

Ein aktueller Erlass des Ministeriums der Finanzen Sachsen-Anhalt vom 18.02.2025, Az. 42-S 0182-7 zur zeitnahen Mittelverwendung sowie Rücklagen- und Vermögensbildung bei steuerbegünstigten Körperschaften gibt Anlass, die diesbezüglichen Grundsätze in aller Kürze in Erinnerung zu rufen. 

Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung

Steuerbegünstigte Körperschaften müssen ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für steuerbegünstigte Zwecke verwenden. Eine zeitnahe Verwendung liegt vor, wenn die Mittel spätestens innerhalb von zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren nach Zufluss verwendet werden. Für Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von nicht mehr als 45.000 € gilt die Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung nicht. Unter bestimmten Voraussetzungen können steuerbegünstigte Körperschaften Mittel einer Rücklage oder dem Vermögen zuführen. Bilanzierende Körperschaften haben die Rücklagen in ihrer Bilanz offen auszuweisen. Es ist allerdings ausreichend, wenn sich die Rücklagen aus einer Nebenrechnung zum Jahresabschluss ergeben. Nicht bilanzierende Körperschaften haben die Rücklagen neben ihren Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben in einer gesonderten Nebenrechnung auszuweisen. Praxisrelevant sind insbesondere folgende Rücklagen und Vermögenszuführungen:

Projektrücklage

Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO ist die Steuerbegünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Mittel einer Rücklage zuführt, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten und satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig erfüllen zu können (sog. Projektrücklage). Die Mittel müssen für bestimmte Zweckverwirklichungsmaßnahmen angesammelt werden. Für die Durchführung müssen konkrete Zeitvorstellungen bestehen. Kann für ein bestimmtes Vorhaben noch kein genauer Zeitpunkt für die Durchführung festgelegt werden, ist eine Rücklagenbildung nur zulässig, wenn die Durchführung glaubhaft und bei den finanziellen Verhältnissen der Körperschaft in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Grundsätzlich sollte ein Zeitraum von 6 Jahren nicht überschritten werden.

Freie Rücklage

Nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO ist die Steuerbegünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Mittel einer freien Rücklage zuführt. Die Rücklagenbildung in Höhe bis zu einem Drittel des Überschusses aus Vermögensverwaltung setzt voraus, dass entsprechende Einnahmen erzielt werden. Zu den Einnahmen zählen z. B. neben Zinserträgen und Dividenden aus Wertpapieren auch Miet- und Pachteinnahmen. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind die Ergebnisse aus den einzelnen Bereichen der Vermögensverwaltung zusammenzurechnen. Darüber hinaus ist die Bildung einer freien Rücklage in Höhe von bis zu 10 % der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel zulässig. Zu diesen Mitteln zählen Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben und Zweckbetrieben sowie die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich. Zur Vermeidung einer doppelten Begünstigung dürfen die Mittel aus der Vermögensverwaltung nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Die Mittel der freien Rücklage können im Rahmen der Vermögensverwaltung angelegt werden und stehen für Vermögensumschichtungen zur Verfügung.

Vermögenszuführungen (§ 62 Abs. 3 AO)

Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Körperschaft vorgeschrieben hat, unterliegen nicht der zeitnahen Mittelverwendung. Ebenso Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass diese zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind. Darüber hinaus unterliegen Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören (z.B. Mietwohngrundstücke), ebenfalls nicht der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung.

Sanktionen

Sofern eine steuerbegünstigte Körperschaft Mittel angesammelt hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 62 AO vorliegen, kann das zuständige Finanzamt ihr nach § 63 Abs. 4 AO eine Frist für die Verwendung der Mittel setzen. Setzt die Körperschaft die betreffenden Mittel nicht innerhalb der Frist für steuerbegünstigte Zwecke ein, führt dies zum Verlust der Steuerbegünstigung. Die Frist im Sinne des § 63 Abs. 4 AO ist nach den Gegebenheiten des einzelnen Falles zu bestimmen. Sie soll einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren nicht überschreiten.

Fazit

Die Einhaltung der zeitnahen Mittelverwendungpflicht gehört zu den grundlegenden Voraussetzungen für den Gemeinnützigkeitsstatus von Körperschaften. Die Zulässigkeit einer Rücklagenbildung und Vermögenszuführung ist daher von gemeinnützigen Körperschaften stets sorgfältig zu prüfen.

Autoren: WP StB Markus Ender; RA Thilo Scharfenecker