Abkommensrechtlicher Aktivitätsvorbehalt auf Betriebsstätteneinkünfte

Der BFH äußert sich zum „Zusammenspiel“ von abkommensrechtlichem Aktivitätsvorbehalt und den Vorschriften der Hinzurechnungsbesteuerung im Außensteuerrecht. Im entschiedenen Fall verneinte der BFH die Freistellung der ausländischen Betriebsstätteneinkünfte aufgrund des abkommensrechtlichen Switch-Overs.  

Eine deutsche GmbH verfügte über zwei Betriebsstätten, eine in Rumänien und eine in Russland. An der GmbH waren zwei Gesellschafter beteiligt, davon ein Gesellschafter mehrheitlich (im Folgenden: Gesellschafter). Die Betriebsstätten erbrachten Dienstleistungen. Der mehrheitlich beteiligte Gesellschafter beriet die Betriebsstätten bei der Erbringung der Dienstleistungen. Streitig war, ob die Einkünfte der ausländischen Betriebsstätten der Freistellungs- oder der Anrechnungsmethode unterlagen.

Der BFH entschied, dass die Einkünfte in Deutschland nicht freizustellen sind, weil aufgrund des Aktivitätsvorbehalts der abkommensrechtliche Switch-Over zur Anrechnungsmethode vorzunehmen ist (BFH-Urteil vom 03.07.2024, I R 4/21). Nach Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 2 DBA-Russland/Rumänien sind Unternehmensgewinne grundsätzlich in Deutschland freizustellen, wenn sie durch eine russische/rumänische Betriebsstätte erwirtschaftet werden. Allerdings schreibt der abkommensrechtliche Aktivitätsvorbehalt einen Switch-Over zur Anrechnungsmethode vor, wenn der inländische Steuerpflichtige nicht nachweist, dass die Bruttoerträge der Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten bezogen wurden. Vorliegend war ein schädlicher Mitwirkungstatbestand in Form des sog. Bedienenstatbestand i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG erfüllt, weil sich die russische/rumänische Betriebsstätte des Gesellschafters zur Erbringung der Dienstleistung bediente. 

In diesem Zusammenhang wird die ausländische Betriebsstätte als ausländische Gesellschaft i.S.d. § 8 Abs. 1 AStG angesehen. Des Weiteren sind sämtliche Ausnahmen und Rückausnahmen der genannten Normen des AStG einzubeziehen; damit gilt auch der Bedienenstatbestand im AStG. Außerdem äußert sich der BFH zum sog. „Alles-oder-Nichts-Prinzip“: dem abkommensrechtlichen Aktivitätsvorbehalt unterliegen sämtliche Einkünfte der ausländischen Betriebsstätte und nicht nur solche, an denen ein Steuerpflichtiger mitgewirkt hat. Das AStG schneidet dagegen den Hinzurechnungsbetrag auf die Einkünfte zurecht, die unter Mitwirkung eines im Inland Steuerpflichtigen erwirtschaftet wurden. Dies liegt daran, dass das Abkommensrecht hierbei ein „wenn“ vorsieht, während das AStG ein „insoweit“ normiert. 

Abschließend äußert sich der BFH auch zur Anwendung von § 20 Abs. 2 AStG (nationaler Aktivitätsvorbehalt). Dieser ist nicht anwendbar, wenn bereits das Abkommensrecht die Freistellungsmethode verwehrt. Es bedarf einer tatsächlichen Freistellung, die es aufgrund des Abkommens nicht gibt. Deshalb gilt auch die Rückausnahme des § 20 Abs. 2 S. 2 AStG nicht, die den sog. Bedienenstatbestand in § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG vom nationalen Aktivitätsvorbehalt ausschließt.  

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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