Die Besteuerung der KGaA und ihres persönlich haftenden Gesellschafters (phG) ist insbesondere in grenzüberschreitenden Konstellationen komplex, da die KGaA einen hybriden Charakter zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft aufweist.
Im Urteilsfall handelte es sich um eine in Deutschland ansässige KGaA, deren persönlich haftender Gesellschafter eine KG mit ausschließlich natürlichen Personen als Kommanditisten war. In den Streitjahren 2011 und 2012 war die KGaA alleinige Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft nach luxemburgischem Recht (SARL). Streitig war, ob die Ausschüttungen der SARL an die KGaA in den Jahren 2011 und 2012 unter Anwendung des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs des DBA-Luxemburg in Deutschland vollständig freizustellen sind.
Die Gewinnausschüttungen waren nur deshalb möglich, weil die KGaA der SARL in den Streitjahren Darlehen gewährte und kurze Zeit später auf die Rückzahlung verzichtete. Die SARL erzielte in den Streitjahren keine eigenen Gewinne am Markt.
Der BFH (Urteil v. 18.12.2024, I R 12 – 13/21) verneinte die vollständige Freistellung der Ausschüttungen nach dem abkommensrechtlichen Schachtelprivileg (Art. 20 Abs. 2 S. 3 i.V.m. S. 1 DBA-Luxemburg 1958/2009).
Im Grundsatz seien die Tatbestandsvoraussetzungen des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs als solche in den Streitjahren erfüllt.
- Für das Streitjahr 2011 wäre aus Sicht des BFH eine Freistellung des Ausschüttungsbetrags von der deutschen Besteuerung auf Ebene der Klägerin auch auf den Gewinnanteil der persönlich haftenden Gesellschafterin nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG in Betracht gekommen, obwohl weder sie noch die übrigen Kommanditisten Kapitalgesellschaften seien. Somit setze sich das abkommensrechtliche Schachtelprivileg über die materielle Zurechnung hinweg. Das gelte auch, wenn die Freistellung der persönlich haftenden Gesellschafter in Gestalt einer Personengesellschaft zugutekäme, die normalerweise die Freistellung nicht beanspruchen könne.
- Für Ausschüttungen im Jahr 2012 komme es wegen des Inkrafttretens des § 50d Abs. 11 EStG zu einer veränderten Rechtslage, weil die Freistellung ungeachtet des Abkommens nur insoweit gewährt wird, als die Dividenden nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen sind. Soweit die Dividenden einer anderen Person zuzurechnen sind, werden sie bei ihr nur freigestellt, wenn sie bei ihr als Zahlungsempfänger nach Maßgabe des Abkommens freigestellt würden. Empfängt eine KGaA die Dividenden, bei der eine Mitunternehmerschaft als persönlich haftende Gesellschafterin fungiert, ist § 50d Abs. 11 EStG aus Sicht des BFH so zu verstehen, als würde das Abkommen die nach deutschem Recht bestehende hybride Struktur der KGaA nachvollziehen. Demzufolge wäre in nicht missbräuchlichen Gestaltungen das Schachtelprivileg auch nur insoweit zu gewähren, als es sich bei den Mitunternehmern um Personen handelt, die das Schachtelprivileg bei einem unmittelbaren Bezug der Dividende in eigener Person nutzen könnten. Da im Urteilsfall keiner der Gesellschafter der KG eine Kapitalgesellschaft war, wäre nach § 50d Abs. 11 EStG das Schachtelprivileg des DBA-Luxemburg 1958/2009 abkommensüberschreibend auf den Gewinnanteil der Klägerin zu beschränken (sog. Treaty-Override).
Letztlich komme es auf die Anwendung des § 50d Abs. 11 EStG vorliegend jedoch nicht an. Die Inanspruchnahme des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs sei für die Ausschüttungen in den Jahren 2011 und 2012 aufgrund des Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 AO zu versagen. Bei der zwischengeschalteten SARL handele es sich um eine wirtschaftlich weitestgehend funktionslose und nicht am allgemeinen Marktgeschehen teilnehmende, ausschließlich mit dem Zweck der Erlangung des steuerlichen Vorteils des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs für die Gesellschafter der KG gegründete und unterhaltene "Basisgesellschaft".
Eine vorrangige Anwendung von § 15b EStG (Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen) gegenüber § 42 AO lehnte der BFH ab, da § 15b EStG im Bereich der Gewerbesteuer keine Anwendung finde.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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