Ausnahmen von der Zinsschranke: Nachweis für Fehlen einer schädlichen Beteiligung

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Für börsennotierte Gesellschaften mit Anteilen im Streubesitz ist ein Nachweis über das Nichtvorhandensein einer schädlichen Beteiligung i.S.d. § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG regelmäßig unmöglich zu erbringen, da die Aktionäre nicht bekannt und nicht ermittelbar sind. Das FG Sachsen-Anhalt sieht in diesem Fall die Registereintragungen bei der (niederländischen) Finanzmarktaufsicht als ausreichenden Beweis für das Fehlen einer entsprechenden Beteiligung an.

Die Zinsschranke des § 4h EStG ist nicht anzuwenden, wenn ein konzernzugehöriger Betrieb eine um maximal 2 Prozentpunkte niedrigere Eigenkapitalquote als der Konzern selbst aufweist (§ 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c EStG; sog. Eigenkapitalescape). Für Körperschaften ist dafür zusätzlich die Einschränkung der schädlichen Gesellschafterfremdfinanzierung zu beachten (§ 8a Abs. 3 Satz 1 KStG). Demnach greift der Eigenkapitalescape nur, wenn die Zinsaufwendungen einer konzernangehörigen Gesellschaft an zu mindestens 25 Prozent beteiligte Gesellschafter, diesen nahestehenden Personen oder an rückgriffsberechtigte Dritte nicht mehr als 10 Prozent des negativen Zinssaldos dieser Gesellschaft betragen und dies nachgewiesen wird. Hierbei ist nicht nur auf den inländischen Betrieb, der die Anwendung der Ausnahmeregelung begehrt, sondern auf jede konzernzugehörige Gesellschaft abzustellen.

Im streitigen Sachverhalt, der noch nach der alten Rechtslage zu beurteilen war, wurden sämtliche Anteile der in den Niederlanden gelisteten Konzernmutter an der Börse gehandelt und befanden sich im Streubesitz. Die Muttergesellschaft war mittelbar an einer Luxemburger Gesellschaft mit beschränkter Haftung (S.à.r.l.) beteiligt, die mit ihren Einkünften aus inländischem Grundbesitz in Deutschland beschränkt steuerpflichtig war. An der Konzernmutter waren zwei Depotbanken zu mehr als 25 Prozent beteiligt. Wirtschaftliche Eigentümer der Aktien sind hingegen die hinter den Depotbanken stehenden Aktionäre. Die Aktionäre der Konzernmutter waren jedoch nicht ermittelbar, weshalb das Finanzamt der S.à.r.l. den Eigenkapitalescape verwehrte, da diese nicht zweifelsfrei nachweisen konnte, dass keine schädliche Gesellschafter-Fremdfinanzierung i.S.d. § 8a Abs. 3 KStG vorliegt. Der Nachweis, dass bei der niederländischen Finanzmarktaufsicht AFM kein Anteilseigner mit einer entsprechend schädlichen Beteiligung registriert sei, wurde vom Finanzamt als unzureichend verworfen.

Dem widersprach das FG Sachsen-Anhalt mit Urteil vom 27.11.2024 (3 K 725/23). Einer Gesellschaft dürfe der Eigenkapitalescape nicht verwehrt werden, wenn ihre Anteile (mittelbar) an der Börse gehandelt werden und diese sich im Streubesitz befinden. Der Nachweis einer fehlenden Eintragung einer Beteiligung von über 25 Prozent im AFM-Register sei als Nachweis, dass keine schädliche Beteiligung i.S.d. § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG vorliegt, geeignet. Bei Überschreiten der 25-Prozentschwelle besteht eine rechtliche Verpflichtung für den Anteilseigner, eine entsprechende Mitteilung an die AFM zu übermitteln. Es müsse davon ausgegangen werden, dass Aktionäre ihre Meldepflichten grundsätzlich erfüllten. Eine pauschale Annahme einer Pflichtverletzung dürfe nicht getroffen werden, da von einem pflichtbewussten Anteilseigner auszugehen ist. Auch eine – wie im vorliegenden Fall – verspätete Veröffentlichung der Konzernabschlüsse für das betreffende Wirtschaftsjahr in englischer Sprache im deutschen Bundesanzeiger seien für die Anwendung des Eigenkapitalescape unschädlich.

Wie vorstehend erwähnt, erging das Urteil noch zu § 8a Abs. 3 Satz 1 KStG a.F. Nach der Änderung durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz liegt eine schädliche Beteiligung nun bereits bei Erreichen und nicht erst bei Überschreiten der 25-Prozentschwelle vor. Für die Bestimmung der 10-Prozentgrenze gilt nunmehr statt der Einzel- eine Gesamtbetrachtung. Somit sind alle Zinsaufwendungen an wesentlich beteiligte Gesellschafter zusammenzurechnen. Damit hat sich der Gesetzgeber der von der Finanzverwaltung bereits zuvor vertretenen Ansicht angeschlossen und diese gesetzlich normiert. Da nach den Vorgaben der niederländischen Finanzaufsicht auch eine Beteiligung von 25 Prozent zu einer Meldepflicht geführt hätte, hätte auch nach neuer Rechtslage der Nachweis geführt werden können, dass keine schädliche Beteiligung vorliegt. Die Revision ist beim BFH unter XI R 34/24 anhängig. Bis zur endgültigen Entscheidung sollte in vergleichbaren Fällen unter Verweis auf das anhängige Verfahren Einspruch eingelegt und Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des FG Sachsen-Anhalt zur Verfügung.

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