Begünstigungstransfer bei der Erbschaftsteuer

Im Rahmen einer Erbauseinandersetzung kann es zur Verschiebung von erbschaftsteuerlichen Begünstigungen unter den Miterben kommen. Anders als die Finanzverwaltung fordert der BFH für den sog. Begünstigungstransfer keine starre zeitliche Vorgabe von sechs Monaten zwischen Erbfall und Erbauseinandersetzung.

Grundsätzlich sollen erbschaftsteuerliche Begünstigungen demjenigen zukommen, bei dem das Vermögen nach dem Willen des Erblassers bzw. Schenkers letztlich verbleiben soll bzw. demjenigen, der es im Zuge einer Nachlassteilung letztlich erhält. Für Betriebsvermögen ist ein solcher Begünstigungstransfer in § 13a Abs. 5 ErbStG (§§ 13a Abs. 3 und 13b Abs. 3 ErbStG a.F.) geregelt.

Regelungen für einen Begünstigungstransfer bestehen auch hinsichtlich vermieteten Wohnraums (vgl. § 13c Abs. 2 ErbStG a.F., jetzt § 13d Abs. 2 ErbStG) und eigengenutzten Familienheimen (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 3 und 4 ErbStG).

In seiner Entscheidung vom 15.05.2024 (II R 12/21) beschäftigte sich der BFH mit dem Begünstigungstransfer bei Betriebsvermögen, vermietetem Wohnraum und einem eigengenutzten Familienheim. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob und ggf. welcher zeitliche Zusammenhang zwischen dem Erbfall und der Erbauseinandersetzung bestehen muss, damit die Steuerbegünstigungen Anwendung finden. Im konkreten Fall waren zwei Brüder je zur Hälfte Erben ihrer im Jahr 2015 kurz hintereinander verstorbenen Eltern geworden. Zum Nachlass gehörten u.a. mehrere Grundstücke und eine Kommanditbeteiligung, die die Brüder im Jahr 2018 zum Zwecke der Erbauseinandersetzung untereinander übertrugen.

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. H E 13a.11 der Hinweise zu den ErbStR 2019) erfordert der Begünstigungstransfer laut BFH sowohl bei Betriebsvermögen als auch bei vermietetem Wohnraum und einem eigengenutzten Familienheim keine Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall. Zwar müsse die Übertragung des begünstigten Vermögens im Rahmen der Teilung des Nachlasses erfolgen, der Wortlaut der Vorschrift enthalte jedoch keine starre Frist für die Teilung des Nachlasses. Ausreichend, aber auch erforderlich sei ein innerer Zusammenhang zwischen Erbfall und Vermögensübertragung. Ein solcher Zusammenhang könne auch noch bestehen, wenn die Erbauseinandersetzung erst längere Zeit nach dem Erbfall erfolge, und sei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (insbesondere durch Auslegung des zugrundeliegenden Erbteilungsvertrags) zu beurteilen. Ein Begünstigungstransfer ist laut BFH aber dann ausgeschlossen, wenn die Erbengemeinschaft den Nachlass zunächst ungeteilt belassen wollte und es dann aufgrund eines neuen Willensentschlusses zu einer Übertragung von begünstigtem Vermögen gegen nicht begünstigtes Vermögen komme. Im konkreten Fall sah der BFH jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass es aufgrund eines neuen Willensentschlusses der Erben zu einer Vermögensübertragung gekommen sei.

Hervorzuheben sind auch die Äußerungen des BFH zum Begünstigungstransfer der Steuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims. Offen war bislang, ob der Begünstigungstransfer auch voraussetzt, dass der übertragende Miterbe die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG erfüllt. Dies verneint der BFH. Das betroffene Vermögen müsse beim Übertragenden nicht selbst begünstigt sein (insbesondere müsse nach Erbfall keine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung bestehen).

Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung der Rechtsprechung des BFH folgt und die gleichlautenden Ländererlasse anpasst.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

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