Das Finanzamt unterwarf diese Ausschüttung vollständig der Bruttomethode gemäß § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG. Infolgedessen wurden die Erträge bei der Organgesellschaft ohne Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG in das Einkommen einbezogen. Auf Ebene der Organträger-Personengesellschaft kam das Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG zur Anwendung, da die Gesellschafter der Organträger-Personengesellschaft natürliche Personen waren. Die Organträgerin (KG) machte geltend, dass diese Vorgehensweise (keine vollständige Steuerfreistellung gemäß § 8b Abs. 1 KStG) gegen Art. 4 Abs. 1 der Mutter-Tochter-Richtlinie (MTR) verstoße, und legte Einspruch ein.
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück und bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung und der Vorinstanz (BFH-Urteil vom 06.02.2025, IV R 29/22).
Dabei stellte der BFH zunächst fest, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft vorliegend erfüllt seien. Auch eine Einheits-GmbH & Co. KG (Organträger-KG ist alleinige Gesellschafterin ihrer Organgesellschafts-Komplementärin) könne eine ertragsteuerliche Organschaft begründen. Im Übrigen wurde sowohl der fehlende dynamische Verweis auf § 302 AktG als auch die unvollständige Verlustübernahmeregelung im Ergebnisabführungsvertrag (EAV) durch die umfassende Heilungswirkung der in dem Streitjahr anwendbaren Übergangsregelung gem. § 34 Abs. 10b KStG nicht beanstandet.
Hinsichtlich der Anwendbarkeit der MTR betonte der BFH, dass die Anwendung der Bruttomethode im Organkreis gesetzlich vorgeschrieben sei und im Einklang mit der Systematik des deutschen Körperschafsteuerrechts stehe. § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG sieht ausdrücklich vor, dass Steuerbefreiungen wie § 8b KStG auf Ebene der Organgesellschaft keine Anwendung finden. Stattdessen erfolgt die steuerliche Entlastung auf Ebene der Organträgerin bzw. deren Gesellschaftern. Eine vollständige Steuerfreistellung der Dividende ist bei (mittelbarer) Zurechnung zu den hinter der Organträger-Personengesellschaft stehenden natürlichen Personen insoweit gesetzlich nicht vorgesehen.
Ein unionsrechtlicher Verstoß sei nicht erkennbar. Die MTR erfordere lediglich eine steuerliche Freistellung auf Ebene der bezugsberechtigten Kapitalgesellschaft, jedoch nicht bei Weiterleitung an natürliche Personen. Im konkreten Fall unterlag die Dividende weder einer doppelten Besteuerung noch einer systemwidrigen Belastung. Vielmehr greife eine partielle Entlastung im Rahmen des deutschen Teileinkünfteverfahrens, was aus unionsrechtlicher Sicht als ausreichend erachtet wird.
Eine Vorlage an den EuGH hielt der BFH für entbehrlich, da weder systematische Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht bestünden noch eine klärungsbedürftige Auslegungsfrage vorliege („acte clair“).
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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