Gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen zwischen GmbH-Gesellschaftern können schenkungsteuerliche Konsequenzen entfalten. Der BFH bejahte in einem Fall Schenkungsteuer, in dem zunächst (disquotale) Leistungen zur Kapitalrücklage abweichend vom Beteiligungsverhältnis wirksam gesellschafterbezogen zugeordnet wurden, diese (abweichende) Zuordnung aber im Zuge eines Verzichts auf eine Kapitalerhöhung nicht beachtet wurde.
Im konkreten Sachverhalt waren ein Vater und seine beiden Söhne zu gleichen Teilen (je ein Drittel) an einer GmbH beteiligt. Im Jahr 2006 brachten sie privates Kapitalvermögen als Zuführung zu den Kapitalrücklagen in die Gesellschaft ein, wobei der Vater deutlich mehr einbrachte als dessen beide Söhne (disquotale Einlagen). Sie vereinbarten (zivilrechtlich wirksam), dass diese Leistungen in die Kapitalrücklage gesellschafterbezogen (abweichend vom Beteiligungsverhältnis) zugeordnet werden. Im Jahr 2012 beschlossen die Gesellschafter einstimmig eine Stammkapitalerhöhung. Der Vater verzichtete jedoch auf die Teilnahme an der Kapitalerhöhung (Erhöhung nur der Geschäftsanteile der Söhne). Zum Ausgleich des Wertverlusts der Anteile des Vaters wurden diesem lebenslängliche Zahlungen zugesagt. Bei der Bestimmung des beim Vater eingetretenen Wertverlusts wurde die Kapitalrücklage der GmbH (vor Kapitalerhöhung) den Gesellschaftern nicht gesellschafterbezogen, sondern in Höhe von jeweils einem Drittel (entsprechend dem Beteiligungsverhältnis) zugerechnet.
Der BFH sah den Tatbestand der freigebigen Zuwendung in diesem Fall als erfüllt an (Urteil vom 19.06.2024, II R 40/21) und hob das Urteil der Vorinstanz (FG Baden-Württemberg vom 24.06.2020, 7 K 2351/17) auf. Laut BFH führt der (zunächst) von allen Gesellschaftern durchgeführte zivilrechtliche Beschluss über die abweichende Zurechnung der disquotalen Einlagen auch zu schenkungsteuerlichen Auswirkungen zu dem Zeitpunkt, in dem der Vater auf einen vollen Ausgleich seiner personenbezogenen Rücklage verzichtete und sich mit einem Ausgleich begnügte, der lediglich seiner (geringeren) kapitalmäßigen Beteiligung an den Rücklagen entsprach. Die disquotale Einlage des Vaters wurde allen Gesellschaftern zugerechnet, ohne dass diese einen entsprechenden Ausgleich zu leisten hatten (objektive Bereicherung). Dessen war sich der Vater laut BFH auch bewusst (subjektive Bereicherung).
Dass disquotale Einlagen im Streitjahr noch nicht der Besteuerung unterlagen (Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG erst im Jahr 2011) ist unerheblich, da streitgegenständlich der Verzicht des Vaters auf den vollen Ausgleich der aufgebrachten Kapitalrücklage (im Jahr 2012) und nicht die ursprüngliche disquotale Einlage war.
Das Urteil zeigt erneut, dass auch gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen schenkungsteuerliche Konsequenzen entfalten können.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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