Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten spielen internationale Verständigungs- und Schiedsverfahren bei der Vermeidung von Doppelbesteuerungen eine große Rolle. Mit Schreiben vom 24.09.2025 überarbeitet das BMF sein bisheriges Merkblatt. Neben der nun aufgenommenen Möglichkeit der elektronischen Antragstellung haben sich Änderungen u.a. in der Antragsbefugnis in Organschaftsfällen und aufgrund der MLI-Umsetzung ergeben.
Mit dem überarbeiteten Merkblatt vom 24.09.2025 wird das bisherige Merkblatt vom 21.02.2024 ersetzt. Neu aufgenommen wurden dabei u.a. Ausführungen für ertragsteuerliche Organschaften. Danach ist der Antrag zur Einleitung eines Verständigungsverfahrens grundsätzlich von der Organgesellschaft zu stellen (kein Ausschluss der Antragsberechtigung durch Einkommenszurechnung beim Organträger, §§ 14, 15 KStG). Der Organträger ist hingegen antragsberechtigt (und dann nur er), wenn die betreffenden Geschäftsvorfälle ihn unmittelbar betreffen und bei ihm zu eigenen Einkünften führen (Rn. 44b neu). Bei der Umsetzung der Verständigung ist der Rechtsbehelfs- bzw. Teilverzicht auch vom Organträger zu erklären (vgl. Rn. 84 neu).
Änderungen ergeben sich auch bei den Folgen tatsächlicher Verständigungen. Danach entfalten tatsächliche Verständigungen, verbindliche Auskünfte (§ 89 AO) und verbindliche Zusagen (§§ 204 ff. AO) keine Bindungswirkung bei der Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung nach § 175a Satz 2 AO, soweit sich der zugrunde gelegte Sachverhalt im Streitbeilegungsverfahren abweichend darstellt. Die abweichenden Informationen und Erkenntnisse können beim Abschluss sowie der Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung oder eines Schiedsspruchs berücksichtigt werden (vgl. Rn. 33 neu).
Hinsichtlich der Zustimmung des Antragstellers im Rahmen der Umsetzung der Verständigung wurde ergänzt, dass in Verrechnungspreisfällen, denen ausschließlich ein Antrag im Ausland zugrunde liegt, die erforderlichen Erklärungen von dem in Deutschland steuerlich betroffenen verbundenen Unternehmen abzugeben sind (Rn. 84a neu). Bei Einigungen über Gesamthandseinkünfte oder -vermögen (insbesondere bei selbst nicht abkommens- oder übereinkommensberechtigten Personengesellschaften) hat die Zustimmung von allen zur Einlegung von Rechtsbehelfen befugten Personen zu erfolgen, auch wenn diese nicht zu den Antragstellern gehören (Rn. 84b neu). Daneben wurde die bisherige Regelung zur Unterrichtung über die Einigung konkretisiert (vgl. Rn. 85 neu).
Verständigungsvereinbarungen können nach § 175a AO weiterhin unabhängig von der Bestandskraft deutscher Bescheide umgesetzt werden (entsprechend für Verfahren nach dem EU-DBA-SBG, vgl. Rn. 93). Neu aufgenommen wurde, dass die Verständigungsvereinbarung erst dann gegenüber dem Antragsteller nach § 175a AO wirksam wird, wenn alle erforderlichen Erklärungen vorliegen. Erst dann hat laut BMF der Antragsteller einen Umsetzungsanspruch (vgl. Rn 93a neu). Bei gescheiterten Verständigungsverfahren wurden die Ausführungen zu möglichen Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO ergänzt (vgl. Rn. 99 neu). Diese sollen regelmäßig auf den Steuerabzug begrenzt sein.
Vor dem Hintergrund der Umsetzung des Multilateralen Instruments (MLI, vgl. BEPS-MLI-Anwendungsgesetz i. V. m. der Notifikation Deutschlands vom 02.10.2024) aktualisierte das BMF bzgl. Griechenland, Malta, Ungarn und Spanien die Übersichtsanlage zu den DBA-Schiedsklauseln (Anwendung und Einschränkung von DBA-Schiedsverfahren). Bezüglich dieser Länder können daher keine DBA-Schiedsverfahren mehr geführt werden, wenn die Fälle bereits in den Anwendungsbereich der Streitbeilegungsrichtlinie bzw. der EU-Schiedskonvention fallen.
Der Volltext des Merkblatts steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.
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