Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes II

Mit einem umfangreichen Zukunftsfinanzierungsgesetz II (ZuFinG II) werden weitere Maßnahmen aus der Wachstumsinitiative auf den Weg gebracht. Am 27.08.2024 veröffentlichte das BMF einen entsprechenden Referentenentwurf.

Der mit Begründung insgesamt über 200 Seiten umfassende Referentenentwurf des ZuFinG II dient der Umsetzung weiterer steuerlicher Maßnahmen der Wachstumsinitiative der Bundesregierung (vgl. EY-Steuernachricht vom 11.07.2024). Mit dem Entwurf sollen die steuerlichen Rahmenbedingungen von Investments in Venture Capital (VC) verbessert werden, insbesondere durch Anpassungen bei der Besteuerung von Investitionen in gewerbliche Personengesellschaften durch Fonds, die unter das Investmentsteuergesetz (InvStG) fallen. Hierzu enthält der Entwurf Anpassungen im InvStG und Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), die grundsätzlich auf dem Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur (vgl. EY-Steuernachricht vom 23.05.2024) basieren. Darüber hinaus sind Änderungen im EStG sowie im Arbeitsrecht und Kapitalanlagerecht geplant. Zudem sollen verschiedene kapitalmarktrechtliche EU-Rechtsakte fristgerecht implementiert werden, die zu einer Vertiefung der europäischen Kapitalmarktunion beitragen sollen.

Konkret sind u.a. folgende Neuregelungen enthalten:

  • Investmentaufsichtsrecht: Offene Immobilien-Publikumsfonds sollen bis zu 15 Prozent ihres Vermögens in Infrastruktur-Projektgesellschaften investieren dürfen, wenn diese nach ihrem Gesellschaftsvertrag bzw. ihrer Satzung nur Anlagen zur Bewirtschaftung von erneuerbaren Energien nach § 1 Abs. 19 Nr. 6a KAGB („EE-Anlagen“) errichten, erwerben oder halten dürfen (§ 231 Abs. 1 Nr. 8 KAGB-E). Die Bewirtschaftung von erneuerbaren Energien nach § 1 Abs. 19 Nr. 6a KAGB-E soll dabei die Erzeugung, die Umwandlung, den Transport und die Speicherung von Energie oder Energieträgern (bspw. Biogas und grüner Wasserstoff) aus erneuerbaren Energien sowie den Transport oder die Speicherung von Abwärme umfassen. Die EE-Anlagen können auch auf Grundstücken belegen sein, die die Infrastruktur-Projektgesellschaft nur gepachtet hat. 
  • Offene Immobilienfonds (Publikums- wie Spezial-AIF) sollen für eine vom Fonds gehaltene Immobilie EE-Anlagen oder Gegenstände, die für Ladestationen für Elektromobilität erforderlich sind, erwerben und betreiben dürfen (§ 231 Abs. 3 und 6 KAGB-E). Auf eine Erforderlichkeit zur Bewirtschaftung der vom Fonds gehaltenen Immobilien soll es insoweit nicht ankommen. Der Betrieb dieser EE-Anlagen und Ladeinfrastruktur soll den Verkauf des Stroms einschließen. 
  • Geschlossene Publikums-AIF sollen ebenfalls in EE-Anlagen investieren dürfen, § 261 Abs. 2 Nr. 4 KAGB-E. 
  • Investmentsteuerrecht: Grundsätzliche Klarstellung durch Einfügung eines neuen § 1 Abs. 2 Satz 2 InvStG-E, dass Investmentvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 KAGB ihre steuerliche Qualifikation als Investmentfonds im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 InvStG und damit die Anwendbarkeit des InvStG nicht dadurch gefährden, dass sie in gewerblich tätige Personengesellschaften investieren und ihre Vermögensgegenstände aktiv unternehmerisch bewirtschaften.  
  • Der Referentenentwurf enthält hinsichtlich der inländischen Beteiligungseinnahmen, inländischen Immobilienerträge und sonstiger inländischer Einkünfte, die nach §§ 6 Abs. 2, 29 Abs. 1 InvStG grundsätzlich der Besteuerung auf Fondsebene unterliegen, und den Steuerbefreiungsmöglichkeiten in §§ 8, 10, 30 und 33 InvStG zahlreiche Anpassungen, um insbesondere für gewerbliche Einkünfte im Rahmen der sonstigen inländischen Einkünfte (vor allem aus dem Betreiben von EE-Anlagen) eine weitgehendere Gleichbehandlung der Investition über einen Investmentfonds mit der Direktanlage zu erreichen. Die Anpassungen führen dazu, dass gewerbliche Einkünfte im Rahmen der sonstigen inländischen Einkünfte auf Fondsebene stets der Körperschaftbesteuerung unterliegen (d.h. selbst im Falle von Spezial-Investmentfonds bei Ausübung der Transparenzoption) und damit auch zu einer Erweiterung der Erklärungspflichten der (Spezial-)Investmentfonds. 
  • Erweiterung der Gewerbesteuerfreiheit auf Einnahmen aus bestimmten Beteiligungen eines Investmentfonds (§ 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG-E). Zusätzlich zu den bislang genannten Immobilien-Gesellschaften soll die Ausnahme von der Gewerbesteuerpflicht auf Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand auf die Bewirtschaftung von erneuerbaren Energien nach § 1 Abs. 19 Nr. 6a KAGB-E gerichtet ist, sowie auf ÖPP- und Infrastruktur-Projektgesellschaften ausgeweitet werden. Die Einnahmen aus diesen Beteiligungen sollen auch nicht im Rahmen der 5-prozentigen Bagatellgrenze, bis zu deren Erreichen der Investmentfonds insgesamt gewerbesteuerbefreit ist, einzubeziehen sein, § 15 Abs. 3 InvStG-E.
  • Spezial-Investmentfonds sollen unbeschränkt in alle in § 231 Abs. 3 KAGB-E genannten Gegenstände (Bewirtschaftungsgegenstände, EE-Anlagen, Ladeinfrastruktur für Elektromobilität) investieren dürfen, § 26 Nr. 4 Bst. g) InvStG-E.
  • Spezial-Investmentfonds sollen unbeschränkt in geschlossene oder offene in- und ausländische Investmentfonds und Investmentvermögen investieren dürfen, § 26 Nr. 4 Bst. h) InvStG-E. Dies ermöglicht unter anderem Investitionen in PE- und VC-Fonds in der Rechtsform von Personengesellschaften sowie in Infrastrukturfonds.
  • Spezial-Investmentfonds sollen bis zu 100 Prozent des Kapitals einer Kapitalgesellschaft erwerben dürfen, deren Unternehmensgegenstand die Bewirtschaftung von erneuerbaren Energien nach § 1 Abs. 19 Nr. 6a KAGB-E ist, § 26 Nr. 6 Satz 2 InvStG-E.
  • Spezial-Investmentfonds sollen unbegrenzt Einnahmen aus der Bewirtschaftung von erneuerbaren Energien nach § 1 Abs. 19 Nr. 6a KAGB, die im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung von Immobilien stehen, sowie aus Beteiligungen an Gesellschaften nach § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG-E und Anteilen an Investmentfonds und -vermögen nach § 26 Nr. 4 Bst. h) InvStG-E erzielen dürfen, § 26 Nr. 7a Satz 2 InvStG-E. Ohne Berücksichtigung dieser Einnahmen müssen die Einnahmen des Spezial-Investmentfonds aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung im Geschäftsjahr weniger als 5 Prozent seiner gesamten Einnahmen betragen, § 26 Nr. 7a InvStG-E. Da Einnahmen aus Gegenständen, die für den Betrieb von Ladestationen für Elektromobilität erforderlich sind, nicht in § 26 Nr. 7a Satz 2 InvStG-E aufgeführt sind, gilt für diese Einnahmen nach dem Referentenentwurf die 5-Prozent-Grenze, obgleich durch das Wachstumschancengesetz die Grenze insofern zuvor auf 20 Prozent  angehoben worden war, um das Betreiben der Ladeinfrastruktur zu fördern und dem mit einer Grenzverletzung einhergehenden Risiko zu begegnen, den Status als Spezial-Investmentfonds zu verlieren und eine damit einhergehende Realisierung der stillen Reserven zu riskieren.
  • Arbeitsrecht: Lockerung des Kündigungsschutzes für Bezieher sehr hoher Einkommen im Finanzsektor, u.a. § 46 Abs. 4 WplG-E, § 37 Abs. 4 KAGB-E. Der Referentenentwurf sieht insoweit vor, dass Spitzenverdiener im Finanzdienstleistungssektor, die Risikoträger sind, künftig kündigungsschutzrechtlich wie leitende Angestellte zu behandeln sein sollen.
  • Kapitalanlagerecht: Verschlankung aufsichtlicher Prozesse bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin); bspw. die Abschaffung des Beschwerderegisters bei der BaFin (§ 87 WpHG) und die Beschränkung des Erfordernisses, eine Bescheinigung über die Einhaltung der aufsichtlichen Vorgaben für nicht börsennotierte Derivate (OTC-Derivate) vorzulegen, auf die unter Risikogesichtspunkten relevanten Unternehmen (§ 32 Abs. 1 Satz 1 WpHG-E). 
  • Umsetzung von kapitalmarktrechtlichen EU-Rechtsakten (insbesondere Listing Act, ESAP, MIFIR Review), die eine Reihe von regulatorischen Erleichterungen bei Börsengängen sowie der Erstellung von Wertpapierprospekten enthalten. So soll u.a. die Möglichkeit englischsprachiger Prospekte nebst Zusammenfassung eingeführt werden, § 21 Abs. 2 WpPG-E. Dadurch soll Erleichterung des EU-weiten Vertriebs von Wertpapieren erreicht werden. 
  • Für Aktiengesellschaften wird die Möglichkeit der Herabsetzung des Mindestnennwerts der Aktien auf weniger als 1 Euro geschaffen, § 8 Abs. 7 AktG-E. 
  • Änderung bei § 6b-Rücklage: Verbesserung für einen steuerneutralen Roll-Over für natürliche Personen in § 6b Abs. 10 EStG-E: Die Möglichkeit zur Übertragung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften u.a. auf andere Beteiligungen an Kapitalgesellschaften soll von 500.000 Euro auf 5.000.000 Euro erhöht werden.

Der Referentenentwurf des ZuFinG II wurde am 27.08.2024 an die Länder und Verbände versendet. Diese haben bis zum 13.09.2024 Gelegenheit, zum Entwurf Stellung zu nehmen. Laut BMF soll das ZuFinG II im zweiten Quartal 2025 in Kraft treten. Es bleibt abzuwarten, ob das Gesetz in dieser Form beschlossen wird.