Schädliche Beteiligungserwerbe von mehr als 50 Prozent

Der BFH gewährte kürzlich für auf § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG gestützte Bescheide (schädliche Beteiligungserwerbe von mehr als 50 Prozent) Aussetzung der Vollziehung. Nun reagiert das BMF auf diesen Beschluss und widerspricht dem BFH.  

Mit Beschluss vom 12.04.2023 (I B 74/22 (AdV)) gewährte der BFH Aussetzung der Vollziehung (AdV) von Bescheiden, die auf § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG gestützt sind (Beteiligungserwerbe von mehr als 50 Prozent mit der Folge des vollständigen Verlustuntergangs). Er räumte dabei dem Aussetzungsinteresse Vorrang gegenüber dem Interesse am Vollzug des Gesetzes ein (vgl. EY-Steuernachricht vom 06.07.2023). Betroffen war das Streitjahr 2016, in dem die Norm des fortführungsgebundenen Verlustvortrags (§ 8d KStG) zwar schon galt, aber im konkreten Fall nicht anwendbar war.  

Mit Schreiben vom 20.11.2024 reagiert das BMF nun auf diesen Beschluss. Für Fälle mit schädlichen Erwerben nach dem 31.12.2015 will das BMF den BFH-Beschluss nicht über den entschiedenen Einzelfall anwenden. Laut BMF bestehen aufgrund der Einführung des fortführungsgebundenen Verlustvortrags nach § 8d KStG zum 01.01.2016 keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG. Anders als der BFH sieht das BMF die Voraussetzungen einer AdV auch nicht für gegeben, wenn die Anwendung von § 8d KStG gemäß § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG ausgeschlossen ist. 

Für vor dem 01.01.2016 erfolgte schädliche Erwerbe verweist das BMF zwar zunächst auf die Voraussetzungen einer AdV (Darlegen und Glaubhaftmachen eines besonderen berechtigten Interesses an der Aussetzung, das dem öffentlichen Vollzugsinteresse überwiegt). Ein Verweis auf die Ähnlichkeit des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG mit § 8c Satz 1 KStG a.F., der durch das BVerfG bereits als verfassungswidrig eingestuft wurde (vgl. Beschluss vom 29.03.2017, 2 BvL 6/11) lässt das BMF aufgrund der höheren Erwerbsschwelle (mehr als 50 Prozent ggü. 25 bis 50 Prozent) nicht gelten. Auch hier widerspricht das BMF dem BFH. 

Beim BVerfG ist derzeit weiter die Frage anhängig, ob § 8c S. 2 KStG i.d.F. des UntStRefG von 2008 (vollständiger Verlustuntergang bei schädlichen Beteiligungserwerben von mehr als 50 Prozent) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist (Az. 2 BvL 19/17). Betroffene Verfahren sollten vor diesem Hintergrund weiter offengehalten werden. Soweit Steuerpflichte, denen die Finanzverwaltung AdV ablehnt, gleichwohl in geeigneten Fällen die Aussetzung der strittigen Steuer erreichen möchten kann ein Rechtsbehelfsverfahren angestrengt werden. Dabei erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass der BFH bei seiner bisherigen Einschätzung zur AdV bleibt und – nun entgegen dem BMF-Schreiben – entscheidet.   

Der Volltext des Schreibens steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung. 

Direkt zum BMF-Schreiben kommen Sie hier.