Schädliche Erwerbe nach § 8c KStG: Unterjährige Ergebniskonsolidierung in Organschaftsfällen

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Das FG Düsseldorf äußert sich zu den Folgen eines unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerbs (§ 8c KStG) in einem Organschaftsfall. Entgegen der Finanzverwaltung ließ das FG eine unterjährige Ergebniskonsolidierung und damit eine Verrechnung von bis zum schädlichen Erwerb angefallenen Verlusten bzw. Gewinnen einer Organgesellschaft mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte (bzw. Verlusten) des Organträgers zu. Gegen das Urteil ist Revision beim BFH anhängig.

Im konkreten Fall lag eine mehrstufige, ertragsteuerliche „Organschaftskette“ vor, in der die Organträger und Organgesellschaften teilweise über Verlustvorträge verfügten und im Streitjahr 2017 Gewinne bzw. Verluste erzielten. Im Jahr 2017 wurden sämtliche Anteile an der ausländischen Muttergesellschaft der obersten Organträgerin an einen konzernfremden Erwerber veräußert (unstrittiger schädlicher Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG). Strittig waren jedoch Fragen zur Auslegung des § 8c Abs. 1 KStG i.Vm. § 10a GewStG und § 8d KStG:  

  • Sind ein Organträger und seine Organgesellschaft im Fall eines unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerbs i.S.d. § 8c KStG an dem Organträger für Zwecke der Bestimmung des untergehenden, nicht ausgeglichenen Verlustes separat oder konsolidiert zu betrachten? Mit anderen Worten kann der Verlust bzw. Gewinn der Organgesellschaft letztmalig auf Ebene des Organträgers genutzt werden? 

  • Erfasst § 8c Abs. 1 KStG i.V.m. § 10a Satz 10 GewStG auch die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge?

  • Fortführungsgebundener Verlustvortrag (§ 8d KStG): Bezieht sich der Anwendungsausschluss des § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG auch auf Organgesellschaften, die zugleich Organträger sind? 

Nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 28.11.2017, Rz. 37) ist die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG bei einer steuerlichen Organschaft auf Ebene des Organträgers und auf Ebene der Organgesellschaft getrennt anzuwenden. Unterjährige Ergebniskonsolidierungen wären damit ausgeschlossen. Dem widerspricht nun das FG Düsseldorf mit Urteil vom 09.12.2024 (6 K 1772/20). Das FG hält bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb i.S.v. § 8c KStG eine unterjährige Ergebniskonsolidierung im Organkreis für zulässig. Gewinne und Verluste, die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb entstanden sind, dürften danach im Organkreis letztmalig verrechnet werden. Dabei stützt sich das FG Düsseldorf im Wesentlichen auf die BFH-Rechtsprechung zum stand-alone Fall (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.2011, I R 14/11, BStBl. II 2012, S. 360), wonach die in früherer Zeit erwirtschafteten Verluste nach dem Regelungszweck der Verlustabzugsbeschränkung auf die alte wirtschaftliche Identität der Gesellschaft und das alte wirtschaftliche Engagement des bisherigen Anteilseigners entfallen. 

Verluste, die bis zum Zeitpunkt des Anteilsübergangs unter der bisherigen Kontrolle der Organgesellschaft entstanden sind, dürfen daher nicht dem Verlustverfall unterliegen. Unter Berücksichtigung teleologischer Aspekte müssen nach Ansicht des FG Düsseldorf die Altverluste aus dem Verlustverfall ausgeklammert werden. Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Gesetzgeber die Besonderheiten der Organschaft weder in § 8c KStG noch in § 15 KStG ausdrücklich geregelt hat. Einer klaren gesetzlichen Regelung bedürfe es jedoch, um den objektiven Nettoprinzip Rechnung zu tragen. Denn ohne klare gesetzliche Regelung bliebe fraglich, ob der Gesetzgeber den Verlustuntergang im Organschaftskontext systemgerecht geregelt hat. Deshalb sei im Zweifel auf den Grundsatz der Verlusterhaltung abzustellen. 

Mit Blick auf die gewerbesteuerlichen Fehlbeträge soll auf den laufenden schädlichen Beteiligungsertrag die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10a Satz 10 GewStG keine Anwendung finden. Denn § 10a Satz 10 GewStG spreche vom „Fehlbetrag“ und behandelt nicht den anteiligen laufenden Gewerbeverlust. 

Darüber hinaus lehnte das FG die Anwendbarkeit des § 8d KStG ab. Zwar sei eine Organgesellschaft grundsätzlich antragsberechtigt, jedoch schließe die gleichzeitige Organträgereigenschaft die Anwendung nach § 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG aus. Eine teleologische Reduktion dieser Ausschlussnorm lehnte das FG unter Hinweis auf den abstrakten Missbrauchsvermeidungszweck der Norm ab. Gegen die Entscheidung des FG Düsseldorfs wurde Revision eingelegt (Az. I R 11/25).

Unabhängig von diesen einfachgesetzlichen Fragen steht § 8c Abs. 1 S. 1 KStG beim BVerfG auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand (Az. 2 BvL 19/17, vgl. dazu auch EY-Steuernachricht vom 12.12.2024). 

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite der Justiz NRW zur Verfügung.

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